E 10

ADAC sieht keine Alternative zu E 10

aktualisiert 03.09.11 17:36 Uhr

Trotz geringer E 10-Akzeptanz bei den Kunden und heftig kritisierter Preispolitik der Ölkonzerne sieht der ADAC keine ­Alternative zur neuen Biospritsorte.

von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag

Auf gar keinen Fall darf die Einführung von E 10 jetzt gestoppt werden“, sagte ADAC-Präsident Peter Meyer. „Der Regierungsbeschluss, an E 10 festzuhalten, steht. Auch wenn die FDP das anders sehen möchte.“

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Die Ölkonzerne seien jetzt jedoch gefordert, ihre Versäumnisse aufzuarbeiten und „mit einer gezielten Kampagne das Image von E 10 auf­zupolieren. Eine neue Bezeichnung würde aus meiner Sicht helfen, denn E 10 hört sich eher an wie eine Position beim Spiel Schiffeversenken.“ Namensvorschläge habe der ADAC aber noch nicht.

Unterdessen hat die Mineralölbranche die auch von der Bundes­regierung scharf kritisierten Ben­zinpreisanhebungen im Zusammenhang mit der E 10-Einführung gerechtfertigt. „Die Erfüllung der ge­- setzlich vorgegebenen Biospritquote verursacht bei den Unternehmen erhebliche Kosten, sei es über E 10 oder Alternativen wie reine Biokraftstof­fe, Biogas oder hydrierte Pflanzenöle, die bei der Kalkulation der Benzinpreise zu berücksichtigen sind“, sagte die Sprecherin des Mineralölwirtschafts-Verbands (MWV) Karin Retzlaff. „Außerdem entstanden zusätzliche Kosten durch die Umrüstung von Tanklagern, Raffinerien und Tankstellen auf E 10 und ­deren Rückumrüstung, nachdem sich E 10 nicht durchgesetzt hat.“

Nach Angaben von ADAC-Präsident Peter Meyer sind seit der Einführung von E 10 mögliche Strafzahlungen wegen Nichterfüllung der Quote voll auf den Tankstellenpreis umgesetzt worden. „Wer kein E 10 tanken konnte oder wollte, musste bis zu neun Cent mehr pro Liter bezahlen. Der aktuelle Aufschlag von drei Cent deckt mögliche Strafzahlungen voll ab. Weitere Erhöhungen sind nicht akzeptabel.“

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Zur genauen Höhe möglicher Strafzahlungen ließen sich heute ­allerdings noch keine exakten Vorhersagen treffen, sagte Meyer. „Der Absatz von E 10 liegt mit 30 Prozent an den Tankstellen, die bereits über E 10 verfügen, derzeit natürlich weit unter den Erwartungen.“

Schuld daran sei die Ölindustrie. „Schließlich wurde von dort nichts unternommen, um die Akzeptanz bei den Verbrauchern zu verbessern.“ Dagegen sei den Konzernen bei der Einführung teurer Edelspritsorten kein Aufwand zu hoch. Rechtlich gebe es keine Handhabe, gegen die Preisgestaltung der Ölkonzerne vorzugehen, räumt Meyer ein. Auch die jüngste Untersuchung des Bundeskartellamts im Mai habe zwar Wettbewerbsdefizite auf dem deutschen Kraftstoffmarkt festgestellt, ohne dass dies zu Konsequenzen geführt habe.

Vor einer Woche hatte BP-Euro­pa-Chef Uwe Franke darauf hingewiesen, dass wegen möglicher Strafzahlungen als Folge einer verfehlten E 10-Quote auf die gesamte Branche Mehrkosten in Höhe von 300 bis 400 Millionen Euro zukämen. Den Un­ternehmen „bleibt nichts anderes ­übrig, als zu versuchen, die entstandenen Kosten an die Kunden wei­terzugeben“, sagte Franke. MWV-Sprecherin Retzlaff ergänzte, der „wettbewerbsintensive Tankstellenmarkt“ werde entscheiden, ­inwieweit die Kosten über den Preis gedeckt werden könnten.

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Der Tankstellenmarkt in Deutschland gilt gemeinhin als Oligopol aus den Konzernen Aral, Shell, Esso, Total und Jet, die für mehr als 70 Prozent der Marktanteile im Benzin­verkauf stehen. Die wenigen freien Tankstellen stellen zwar ein Korrektiv im Wettbewerb dar, haben aber gegen­über den Branchenriesen einen schweren Stand. Dem Kartellamt ist die kaum durchschaubare Preisgestaltung der Ölkonzerne seit Längerem ein Dorn im Auge.

Hier lesen Sie das vollständige Interview mit ADAC-Präsident Peter Meyer:

€uro am Sonntag: Angesichts des Desasters um den Öko-Sprit E10, der Ablehnung durch die Autofahrer und dem Ärger über die steigenden Benzinpreise: Sollte man die Einführung von E10 nicht lieber ganz stoppen?
Peter Meyer: Auf gar keinen Fall. Der Regierungsbeschluss steht, an E10 festzuhalten. Auch wenn die FDP das anders sehen möchte. Der Markt regelt solche Prozesse in der Regel von ganz alleine. Im übrigen hat ARAL/BP angekündigt, das Netz seiner E10-Tankstellen bis zum Jahresende kräftig auszubauen und dann an allen Tankstellen E10 anzubieten.

Kann man das miserable Image von E10 überhaupt noch drehen?
Die Mineralölindustrie ist jetzt stark gefordert. Sie muss die Fehler und Versäumnisse aus der Vergangenheit aufarbeiten und mit einer gezielten Kampagne das Image von E10 aufpolieren. Bei der Einführung teurer Edelspritsorten war den Konzernen auch kein Aufwand zu hoch. Eine neue Bezeichnung würde aus meiner Sicht helfen, denn E10 hört sich eher an wie eine Position beim Spiel ‚Schiffe versenken’.

Weil die Autofahrer E10 nicht akzeptieren und die vorgegebene Öko-Sprit-Quote möglicherweise verfehlt wird, drohen den Ölkonzernen Strafzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe. Welche Effekte hat dies auf den Benzinpreis?
Seit der Einführung von E10 zu Jahresbeginn wurden mögliche Strafzahlungen voll auf den Preis an den Tankstellen umgelegt. Wer kein E10 tanken konnte oder wollte, musste bis zu neun Cent mehr pro Liter bezahlen. Der aktuelle Aufschlag von drei Cent deckt mögliche Strafzahlungen voll ab. Weitere Erhöhungen sind nicht akzeptabel.

Gibt es Möglichkeiten, gegen diese Form der Preisgestaltung vorzugehen?
Rechtlich gibt es hier keine Handhabe. In wieweit tatsächlich Strafzahlungen fällig werden, kann heute niemand wissen. Es wird aber erst einmal beim Verbraucher kassiert.

Wie viele Autofahrer tanken E10?
Der Absatz von E10 liegt derzeit mit 30 Prozent an den Tankstellen, die bereits über E10 verfügen, natürlich weit unter den Erwartungen. Schuld daran ist vor allem die Mineralölindustrie. Schließlich wurde von dort nichts unternommen, um die Akzeptanz bei den Verbrauchern für den neuen Kraftstoff zu verbessern.

Muss das Bundeskartellamt schärfere Preiskontrollen bei den Ölkonzernen machen?
Das geschieht ja laufend. Erst im Mai hat das Kartellamt eine Sektoruntersuchung vorgelegt und Wettbewerbsdefizite auf dem deutschen Kraftstoffmarkt festgestellt. Allerdings gab es bis jetzt keine Konsequenzen.