Die FED knickt ein

In den USA setzt der "Labor Day" dem Sommer ein klares Ende. Am ersten Montag im September wird noch gefeiert, danach kehren die Banker aus ihren Ferienhäusern und von ihren Jachten an die Schreibtische zurück.
Neben den üblichen Trump-Eskapaden, denen die Börse aber immer weniger eines Blickes würdigt, mustern die Investoren nun mehr die Anleihemärkte und das weitere Verhalten der US-Notenbank Fed. Dem politischen Druck, nun endlich die Zinsen zu senken, hat Fed-Chef Jerome Powell schließlich nachgegeben. Die Reduzierung um 25 Basispunkte soll vor allem den Arbeitsmarkt entlasten. Durch den Doppelauftrag der Fed, sowohl Inflation als auch Arbeitsmarkt bei Zinsentscheidungen zu berücksichtigen, entsteht ein Dilemma.
Weitere Zinsschritte nach unten könnten folgen, wenn der Arbeitsmarkt angespannt bleibt, obwohl sich die Inflation bereits wieder von den Zielvorgaben der Fed zu entfernen beginnt. An der Wall Street wächst ohnehin das Misstrauen über die Qualität der statistischen Daten. Trump hatte die Leiterin der für die Arbeitsmarktdaten zuständigen Behörde entlassen, nachdem sie im August schlechte Zahlen vorgelegt hatte. Ihr Nachfolger ist nun installiert, und es bleibt abzuwarten, wie seine Daten an den Märkten aufgenommen werden.
Weiterhin müssen sich Investoren auf neue Budgetkämpfe in Washington einstellen. Republikaner und Demokraten müssen bis Ende September einen neuen Haushalt beschließen. Die Kompromissbereitschaft in der US-Hauptstadt scheint jedoch auf einem neuen Tiefpunkt angekommen zu sein.
Über allen innenpolitischen Unsicherheiten thront der unveränderte Zoll-Hickhack: Ein Richter hatte eben erst entschieden, dass viele von US-Präsident Trump verhängten Zölle illegal sind. Unternehmen wie Anleger sind nun intensiv in die Planung neuer Szenarien vertieft: Was ist, wenn die USA einen Großteil der eingenommenen Zölle zurückzahlen müssen?
Sollte das Urteil vom Obersten Gerichtshof bestätigt werden, müsste die US-Regierung vermutlich im großen Stil neue Staatsanleihen ausgeben, um die Rückzahlungen tätigen zu können. Damit könnten die Renditen von US-Staatsanleihen deutlich steigen und die Anleihenkurse fallen.
All das wäre aber wohl nur ein Lüftchen im Vergleich zum Tornado des "Mar-a-Lago-Accord", der von Stephen Miran, Chef-Wirtschaftsberater der US-Regierung und neuerdings auch Fed-Gouverneur, propagiert wird: Hierbei geht es um eine gezielte Abwertung des US-Dollars und die Umschuldung der US-Staatsschulden. So sollen ausländische Gläubiger, darunter Europa, Japan und China, dazu verpflichtet werden, US-Staatsanleihen mit langen Laufzeiten und niedrigeren Zinsen zu akzeptieren.
In der Vergangenheit erfolgte eine Neuordnung des internationalen Währungssystems schon häufiger in einem amerikanischen Ort mit einem multilateralen Abkommen zur Abwertung des Dollars gegenüber anderen Währungen: siehe Bretton Woods im US-Bundesstaat New Hampshire 1944 (Einführung fester Wechselkurse zum Dollar und Goldparität für Dollar) und dessen Zusammenbruch 1973 (Freigabe der Wechselkurse; Auflösung der Goldparität für Dollar) sowie das Plaza-Abkommen in New York 1985 (Abwertung des US-Dollars gegenüber den Währungen der G5-Staaten).
Den Dollar und Anleihenmarkt gilt es daher im Auge zu behalten - genauso wie Stephen Miran, den neuen Mann im Fed-Rat. Wie sich aus dem Abstimmungsverhalten der Fed-Gouverneure erkennen lässt, bringt er schon jetzt Unruhe ins Gremium.
von Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München
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