Wie reagiert die US-Notenbank auf einen möglichen Präsident Trump? - Wie auf Clinton?

Die US-Notenbank hat wenige Tage vor der US-Präsidentschaftswahl keine Änderung ihrer Geldpolitik vorgenommen. Doch wie sieht es bei ihrer nächsten Sitzung nach der Wahl aus?
Wie Währungshüter haben am Mittwoch den Leitzins in der Spanne zwischen 0,25 und 0,50 Prozent belassen. Ob sie hierfür handfeste Gründe hatte, oder ob sie die Finanzmärkte kurz vor der Wahl am 8. November nicht verunsichern und somit womöglich den Wahlausgang beeinflussen wollten, sei dahingestellt. Grundsätzlich gilt zumindest, dass die Federal Reserve Bank (Fed) der Geldpolitik verpflichtet ist und keine Rücksicht auf die Politik nehmen soll.
Leitzinserhöhung im Visier
Auch wenn die US-Währungshüter im Vorfeld der Wahl von einer Leitzinserhöhung abgesehen haben, sehen sie doch die Argumente für eine Anhebung verstärkt. So gebe es einige neue Hinweise darauf, dass man den Zielen Vollbeschäftigung und stabiles Preisniveau näherkomme. Diese Äußerungen werten viele Marktbeobachter als Signal, dass Fed-Chefin Janet Yellen und ihre Kollegen bei ihrer nächsten Zinssitzung am 14. Dezember die Zügel anziehen wollen.
Die Finanzmärkte sehen die Wahrscheinlichkeit für einen Zinsschritt im Dezember derzeit bei 78 Prozent. Neben den Konjunkturdaten verweisen Marktbeobachter auch auf taktische Gründe: Ende 2015 hatte die Fed nach Jahren der extrem lockeren Geldpolitik die Zinswende eingeleitet. Sollte es nun im Dezember - und damit im gesamten Jahr 2016 - keine zweite Zinserhöhung geben, so könnte dies Befürchtungen auslösen, ob die US-Notenbank grundsätzlich von ihrer Zinswende abrückt.
Hierbei haben die Investoren jedoch eher einen Wahlsieg der in den Umfragen führenden Hillary Clinton im Blick. Die Demokratin wird von den Börsen präferiert, steht sie doch für wirtschaftspolitische Kontinuität und den Status quo. Im Gegensatz dazu gilt ihr Konkurrent Donald Trump als unberechenbar.
Trump könnte alles durcheinander wirbeln
Ein Wahlsieg des Republikaners Trump kann jedoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Immerhin hat er in den letzten Tagen deutlich zu Clinton aufholen können. Sollte er tatsächlich ins Weiße Haus einziehen, so drohen starke Turbulenzen an den Finanzmärkten.
Viele Experten glauben, dass sich die Fed in diesem Fall zunächst weiter zurückhalten dürfte. So warnt etwa Paul Ashworth, Experte beim Londoner Analysehaus Capital Economics: "Wenn ein Schock-Wahlsieg Trumps starke Kursrückgänge an den Aktienmärkten auslösen würde, könnte dies für die Fed ein ausreichender Grund sein, eine Zinsanhebung vorerst auf Eis zu legen."
Diese Meinung teilt auch Ökonom Jack McIntyre vom Finanzhaus Brandywine Global Investment: "Die Fed hat grünes Licht für eine Erhöhung im Dezember gegeben - es sei denn, Trump gewinnt und die Märkte geraten aus den Fugen". Und auch James Knightley, ein Experte der Bank ING, hält es für "kaum vorstellbar, dass die Fed in einem derartigen Umfeld die Zinsen anheben würde".
Es gibt aber auch anders lautende Stimmen: Klaus Stopp, Experte der Baader Bank AG, ist überzeugt, dass die Trendwende in der US-Geldpolitik bevorsteht, unabhängig davon, wer den Präsidentschaftswahlkampf für sich entscheidet. Denn bei den Notenbanken habe bereits ein Umdenken eingesetzt, das auf einen Einstieg in den Ausstieg aus der Nullzinspolitik hinauslaufen werde. Lediglich das Ausmaß und der Zeitpunkt der Entscheidungen dürften sich unterschiedlich gestalten - je nachdem, wer das Rennen um das oberste Amt in den USA macht. Sollte Trump siegen, so geht Klaus Stopp davon aus, dass die Zinserhöhung heftiger ausfallen dürfte, weil in diesem Falle mit einem Kapitalabfluss aus den USA und einer Schwächung des Dollars zu rechnen sei.
Nicht zu vergessen ist auch, dass Donald Trump kein Fan von Janet Yellen ist und sie zusammen mit anderen Fed-Mitgliedern am liebsten ablösen würde. Der Republikaner will seine wirtschaftlichen Programme durch eine Ausweitung des Defizits finanzieren und könnte seine Pläne in einem strafferen Zinsumfeld wohl nicht durchsetzen. Deshalb weisen einige Marktbeobachter darauf hin, dass eine Leitzinsanhebung unter einer Trump-Regierung zinspolitischem Selbstmord gleichkäme.
Redaktion finanzen.net
Weitere News
Bildquellen: blvdone / Shutterstock.com, Chip Somodevilla/Getty Images