22.02.2023 22:19

Top-Ökonom Stiglitz greift die Fed an: Zinserhöhungen sind nutzlos bei Inflationsbekämpfung - und haben schlimme Folgen

Kritik an Fed-Geldpolitik: Top-Ökonom Stiglitz greift die Fed an: Zinserhöhungen sind nutzlos bei Inflationsbekämpfung - und haben schlimme Folgen | Nachricht | finanzen.net
Kritik an Fed-Geldpolitik
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Joseph Stiglitz gilt als einer der renommiertesten Ökonomen der Gegenwart. Die Ansichten des Nobelpreisträgers, der kein Blatt vor den Mund nimmt, haben Gewicht. So dürften seine jüngsten Kommentare zur Fed-Geldpolitik auf großes Interesse in der Anlegergemeinschaft treffen.
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• Stiglitz: Inflation ist temporär und durch Angebotsengpässe verursacht worden
• Zinserhöhungen seien überflüssig und bergen viele Risiken
• Stiglitz kritisiert die Fed und fordert Ende der Zinserhöhungen

Seit fast einem Jahr reagierte die Fed mit offensiven Zinserhöhungen auf die persistent hohen Inflationsraten. Innerhalb dieses Zeitraums stieg der US-Leitzins von null auf über vier Prozent. Viele andere Notenbanken wie die EZB, die Bank of England, die Schweizerische Nationalbank (SNB) zogen nach und gaben ihre Niedrigzinspolitik auf. Sogar die Bank of Japan (BoJ), die in den vergangenen Jahren als besonders taubenhaft galt, unternahm erste zaghafte Schritte hin zu einer Straffung. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz, der zwischen 1997 und 2000 als Chefvolkswirt der Weltbank fungierte, hält die restriktive Geldpolitik allerdings für einen folgenschweren Fehler.

Diese Ursachen erkennt Stiglitz für die Inflation

In einem Ende Januar veröffentlichten Beitrag der britischen Tageszeitung "The Guardian" kritisierte Stiglitz die aktuelle Geldpolitik der US-Notenbank Fed mit scharfen Worten. Seiner Meinung nach liegen dem Zinskurs der Fed falsche Annahmen zugrunde. Die US-Notenbank habe fälschlicherweise gedacht, dass eine zu hohe Nachfrage vonseiten der Konsumenten und Unternehmen auf ein zu geringes Warenangebot treffe, wodurch sich die Preise nach oben entwickelten. Zinserhöhungen seien deshalb vonnöten gewesen, um die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu reduzieren. Dabei müsse die US-Wirtschaft auch eine Rezession in Kauf nehmen, wie der Fed-Chef Jerome Powell in vielbeachteten Reden mehrfach betonte. Eine nachlassende Nachfragesituation sei demnach unerlässlich für eine Wiederherstellung der langfristigen Preisstabilität, zumal andernfalls die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale drohe.

Stiglitz ist jedoch ganz anderer Meinung, was die Entstehung der Inflation anbetrifft. "Es gibt überwältigende Beweise dafür, dass die Hauptursache für die Inflation pandemiebedingte Angebotsschocks und Verschiebungen in der Nachfragestruktur waren, nicht ein Überschuss der Gesamtnachfrage und schon gar nicht eine zusätzliche Nachfrage, die durch die Pandemieausgaben entstanden ist," so der Nobelpreisträger. Deshalb seien Zinserhöhungen nicht notwendig gewesen: "Jeder, der ein wenig Vertrauen in die Marktwirtschaft hat, wusste, dass die Angebotsprobleme irgendwann gelöst werden würden; aber niemand konnte wissen, wann."

Verursacht die Fed-Geldpolitik eine internationale Rezession?

Aktuell sei es zwar noch nicht gänzlich abzusehen, ob sich der Inflationsdruck tatsächlich dauerhaft abschwächt. Dennoch deuteten die letzten Preisdaten darauf hin, dass der Höhepunkt der Inflation hinter uns liege, meint Stiglitz. So zeigte der US-Verbraucherpreisindex im Dezember einen Rückgang auf Monatssicht von 0,1 Prozent an. Die Teuerungsrate lag damit 6,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Die Mahner, die behaupteten, es werde Jahre dauern, bis die Inflation sich abschwächt, hätten sich geirrt. Stiglitz argumentiert, dass für die sich abschwächende Teuerungsrate allerdings nicht die restriktive Geldpolitik verantwortlich sei, sondern vielmehr die sich verbessernde Angebotssituation.

Die Zinsanhebungen - und die daraus resultierende Konjunkturabkühlung - seien demnach überhaupt nicht vonnöten gewesen, um die Inflation zu zähmen. Nun sind sie jedoch in der Welt und werden womöglich schlimme wirtschaftliche Folgen haben, mutmaßt Stiglitz. "Die Risiken steigender Zinssätze liegen auf der Hand: Eine fragile Weltwirtschaft könnte in eine Rezession gedrängt werden und weitere Schuldenkrisen auslösen, da viele hoch verschuldete Schwellen- und Entwicklungsländer mit einem starken US-Dollar, geringeren Exporteinnahmen und höheren Zinssätzen konfrontiert sind." Die höheren Zinsen könnte zudem einer Verbesserung der Angebotsengpässe zuwiderlaufen, "da Lösungen für die derzeitigen Angebotsengpässe zu investieren."

Der US-Ökonom ist der Ansicht, dass eine globale Rezession weitaus schlimmere Folgen haben dürfte als eine erhöhte Inflation, die sich seines Erachtens mit großer Wahrscheinlichkeit als temporär herausgestellt hätte. Dem vorübergehenden Charakter der Teuerungsrate stimmen aber keineswegs alle Experten zu, so rechnet der größte Vermögensverwalter der Welt BlackRock mit einem dauerhaften Inflationsniveau von über zwei Prozent pro Jahr.

Welche Ökonomen ganz anderer Meinung sind

Stiglitz gilt als ein neokeynesianischer Wirtschaftswissenschaftler, der generell für niedrige Zinsen und eine finanzielle Großzügigkeit vonseiten des Staates eintritt. In diesem Sinne fordert er ein allgemein niedriges Zinslevel und staatliche Konjunkturpakete. Im Gegensatz dazu gibt es aber auch einige Ökonomen, denen die Zinspolitik der Fed nicht weit genug geht. Beispielsweise wirft der "Black Swan"-Autor Nassim Taleb der Fed, EZB & Co. vor, mittels ihrer ultraliquiden Geldpolitik der vergangenen Jahre "bösartige Tumore" wie den Bitcoin geschaffen zu haben. Deshalb müssten alle Notenbanken dringend so schnell wie möglich wieder zu einer Zinsrate von vier bis fünf Prozent zurückkehren und dieses höhere Niveau beibehalten. Nur so könnten Börsenexzesse künftig vermieden werden und die Investitionen der Anleger wieder größeren wirtschaftlichen Nutzen erzielen.

Auch "Dr. Doom" Nouriel Roubini gilt als ein berüchtigter Kritiker der Fed-Zinspolitik, die er als einen wichtigen Grund für die ausufernden Schulden von Staaten und "Zombieunternehmen" ansieht. Eine weniger liquide Geldpolitik sei nicht nur deshalb vonnöten, um die Inflation zurückzuschrauben, sondern auch um die unheilvolle Spekulationswut vieler Anleger zu bändigen.

Redaktion finanzen.net

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