Goldman verrichtet „Gottes Werk“

Zwar wissen wir nicht, ob der Spruch des Ablasspredigers Johann Tetzel, der Martin Luther zu seinen 95 Thesen inspirierte, auch Lloyd Blankfein bekannt ist. Wir vermuten es aber, schmückt der Chef von Goldman Sachs sein Wirken doch gerne mit religiös angehauchten Sprüchen. Unvergessen ist seine Beteuerung, er und seine Investmentbanker würden doch nur „Gottes Werk verrichten“. Fest steht jedenfalls, dass seine Goldmänner bald ordentlich Geld im Kasten der SEC klingen lassen. 550 Mio. US-Dollar kostet der Ablassbrief der US-Börsenaufsicht. Im Gegenzug lässt sie den Vorwurf fallen, Goldman habe Anlegern verschwiegen, dass die Ramschhypotheken-Deponie namens Abacus eben von jenem Hedge-Funds-Manager John Paulson zusammengebastelt worden war, der selbst mit großen Summen gegen dieses Finanzprodukt gewettet habe.

Niemals hat die SEC eine höhere Strafe gegen eine Bank verhängt. Wir halten die Rekordsumme bei einem Schaden von 1 Mrd. Dollar für angemessen, zumal sie ordentlich an der Reputation der Goldmänner kratzt. Nicht wenige Investoren sehen ihre Rachegelüste allerdings nicht befriedigt – schließlich hat Goldman 2009 rund 12,2 Mrd. Dollar und im Q2 trotz SEC-Zahlung und britischer Einmalsteuer auf Boni 613 Mio. Dollar Nettogewinn eingesackt.

Ein bitterer Nachgeschmack bleibt auch für Mitarbeiter und Aktionäre von Bear Stearns: Der untergegangene Goldman-Konkurrent hatte Paulson abblitzen lassen, als der mit einem Abacus-ähnlichen Ansinnen an seine Pforte klopfte – wegen ethischer Bedenken. Bear Stearns ging im März 2008 unter, Goldman Sachs hat die Finanzkrise dagegen überlebt. Da tröstet es etwas, dass Goldman jetzt einige hundert Millionen Dollar unters Anlegervolk bringt – und so vielleicht doch noch „Gottes Werk verrichtet“.

Christoph Frank leitet die Redaktion der „PLATOW Börse“ und die Beratung des von der Deutschen Bank aufgelegten DB Platinum III Platow Fonds. Die „PLATOW Börse“ erscheint 2-mal pro Woche. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.