"Anleger treiben Dax nach oben"
Börsenprofi Patrick Hussy glaubt, dass die Anleger nach einer zögerlichen Phase Risiken beiseite kehren und die Märkte nochmals final nach oben katapultieren werden. Lesen Sie hier das Interview mit dem Sentix-Geschäftsführer.
Werte in diesem Artikel
von Benjamin Summa
Euro am Sonntag Online: Sie waren seit Jahresbeginn 2009 positiv für die Aktienmärkte. Nach dem Märztief sprangen die Börsen deutlich an. Was ist Ihrer Meinung nach bis Ende des Jahres das wahrscheinlichere Szenario: Eine heftige Korrektur oder eine Jahresendrally in Richtung 6500?
Patrick Hussy: Ich möchte keines von den beiden Szenarien bestätigen. Der Aufwärtsimpuls, der im März begonnen hat, unterteilt sich in fünf Phasen. Hinter dieser Betrachtung steckt ein idealtypischer Stimmungszyklus. Wir befinden uns jetzt in der vierten Phase, die als "Zögern" bezeichnet wird und den vorgelagerten Prozess des "Erkennens" ablöst. Die Anleger haben erkannt, warum der Markt angestiegen ist, sie agieren aber sehr zögerlich. Dies zeigt sich klar in den Kursprognosen institutioneller wie auch privater Investoren. Wir rechnen derzeit also mit einem korrektiven Umfeld.
Folglich gehen wir auch davon aus, dass im Anschluss die fünfte Phase, die so genannte Verehrungsphase, beginnt. In dieser Zeitspanne neigen die Anleger dazu, die Risiken beiseite zu kehren und die Märkte werden nochmals final nach oben katapultiert. Ob 6500 Punkte bis zum Jahresende möglich sind, das sei dahingestellt. Wir rechnen bis zum Jahresende mit freundlichen Aktienmärkten. Über den Jahreswechsel hinaus sollte dieser Aufwärtsimpuls anhalten. Aber die Impulsivität der fünften Phase können wir vor dem Hintergrund des derzeitigen Sentiments noch nicht abschätzen.
In einer aktuellen Analyse beschäftigen Sie sich damit, wie viel Geduld die Anleger haben. Zu welchen Erkenntnissen sind Sie gekommen?
Hussy: In der "Phase des Zögerns" stellen sich diejenigen, die den Aufwärtstrend verpasst haben, die Frage, ob sie überhaupt noch einsteigen sollen. Andererseits überlegen die Anleger, die Positionen aufgebaut haben, ob sie ihre Anlagen vor dem Hintergrund einer möglichen Korrektur versilbern sollten. Hier müssen die Anleger Geduld aufbringen, um in der Verehrungsphase von steigenden Kursen zu profitieren.
Sie befragen die Anleger zum Dax, S&P 500, Euro-Dollar und weiteren Märkten. Wo erkennen sie zurzeit eine mögliche Kurswende?
Hussy: Eine spannende Entwicklung sehe ich derzeit sicherlich bei den Renten. Gerade die institutionellen Investoren sind auf mittelfristige Sicht sehr skeptisch. Sie wittern besondere Risiken. Diese werden in der Gegenüberstellung von Konjunkturerwartungen und Renditeentwicklungen festverzinslicher Wertpapiere offensichtlich. Seit Juli läuft diese Beziehung auseinander. Würden im aktuellen Umfeld die Notenbanken nicht die Zinsmärkte stützen, wären die Renditen sicher deutlicher gestiegen. Wir rechnen am aktuellen Rand eher mit einem Rücksetzer am Rentenmarkt in Richtung 118 im Bund-Future.
Die zweite große Auffälligkeit stellen wir beim Goldpreis fest. Das Zutrauen auf steigende Goldpreise zu setzen, ist stark ausgeprägt. Wir können hier hohe Overconfidence messen. Das deutet auf eine Verschnaufpause beim Gold hin. Diese Indikation haben wir bereits seit zwei Wochen vorliegen. Seitdem bewegt sich der Goldpreis auch nicht mehr nach oben. Dennoch bleibt festzustellen, dass von der strategischen Seite die Goldhausse noch nicht beendet sein dürfte.
Welche Erkenntnisse liefert diesbezüglich Ihr sentix-CommodityBarometer?
Hussy: Das sentix-CommodityBarometer hat in der Vergangenheit sehr treffend die Assetklasse Rohstoffe beschrieben, also zyklische und antizyklische Kauf- und Verkaufsignale geliefert. Wir hatten zur Jahreswende eindeutige Signale für einen Kauf des Sektors. Momentan sind wir am oberen Ende angelangt. Das spricht für eine bevorstehende Verschnaufpause. Für Gold sind die Konsolidierungs-Hinweise sehr stark ausgeprägt, beim Öl weniger stark, da Öl über lange Zeit von den Anlegern vernachlässigt worden ist. Vor knapp zwei Wochen haben wir beim Öl einen neuen Impuls gesehen. Dieser sollte zeitlich noch etwas weiter nach oben tragen. Öl verhält sich im Rohstoffsektor zurzeit spätzyklisch.
Sie erheben monatlich bei über 3000 europäischen Investoren, wie stark sie an den Börsen investiert sind. Stimmt das Sentiment derzeit auch mit einer entsprechenden Positionierung überein?
Hussy: Die Anleger haben seit Februar/März 2009 begonnen, Positionen aufzubauen. Mittlerweile haben wir im historischen Vergleich eine durchschnittliche Positionierung erreicht, wobei keine starken Überquoten bestehen. In den September-Daten sehen wir bei den institutionellen Anlegern in dieser Hausse-Bewegung das erste Mal einen Rückgang in den Investitionsquoten. Die Investmentprofis haben also Gewinne mitgenommen. Das hängt mit der zuvor beschriebenen Phase des Zögerns zusammen.
Sehen Sie unterschiedliche Reaktionsmuster bei privaten Anlegern und Institutionellen in dieser ersten Hausse-Phase nach der Krise?
Hussy: Das Reaktionsmuster war vom Trend her sehr ähnlich. Bei den institutionellen Anlegern verlief der Aufbau von Positionen stetiger. Privatleute waren etwas wankelmütiger und ließen sich leichter irritieren. Dennoch zeigt der Trend in den Aktienquoten der Privatinvestoren auch nach oben.
Die Börse wird in den kommenden Jahren ein neues Spekulationsthema finden. Müssten die Notenbanken nicht bald mit Zinserhöhungen reagieren, um Liquidität aus dem Markt zu nehmen und die Gefahr weiterer Blasen wenigstens zu dämmen?
Hussy: Die US-Notenbank hat bislang immer betont, die Zinsen viel länger niedrig zu halten, als man das in früheren Zyklen gewohnt war. Sie möchte die Fehler, die in den 30er Jahren und auch in der Japankrise begangen wurden, nicht wiederholen. Damals wurde zu früh begonnen, Liquidität einzusammeln. Wir rechnen, dass die Liquidität anhaltend hoch bleiben wird.
Phizer, Apple und Goldman Sachs haben im dritten Quartal wieder hervorragend verdient. Erwarten Sie von der laufenden Bilanzsaison weiterhin Unterstützung für die Aktienmärkte oder sehen Sie von dieser Seite auch Gefahren heraufziehen?
Hussy: Wenn das Gefühl entsteht, dass die Unternehmensgewinne wieder zu den Kursen passen - also die Märkte nicht zu weit von der Realität weggeeilt sind -, dann wäre das ein möglicher Katalysator, um schneller in die letzte Stimmungsphase einzutreten.
Die große Korrektur gab es im September nicht. Was raten Sie Anlegern, die diese liquiditätsgetriebene Hausse verpasst haben? Sollten nun auch kleine Korrekturen zum Einstieg genutzt werden oder ist die Zeit der Schnäppchen erst einmal vorbei?
Hussy: Wir sind mitten in einem Trend, der unseres Erachtens weiter nach oben gerichtet ist. Eine Verehrungsphase kann deutliches Potential bringen. Dennoch sollte man nicht vergessen, dass wir Zweidrittel des laufenden Impulses bereits hinter uns haben. Die Frage ist daher, ob man jetzt ganz frisch einsteigen sollte. Ich würde eher moderat zukaufen. Wenn Anleger schon investiert sind, dann sollten sie die Geduld walten lassen und sich von den Korrekturen, die möglicherweise kurzfristig bevorstehen, nicht irritieren lassen.
In der Aufschwungphase setzten die meisten Anleger auf Zykliker. Welche Aktien und Branchen sind in der jetzigen Phase für sie interessant?
Hussy: Wir schauen uns im Monatsrhythmus das Branchen-Sentiment an und identifizieren damit Branchen, die sehr stark positiv besetzt sind, in den kommenden Monaten dann zum Underperformer werden und umgekehrt. Seit Wochen ist auffällig, dass die Automobilbranche von den Anlegern sehr negativ eingeschätzt wird. Wegen der abgelaufenen Abwrackprämie wird dieser Branche am Markt im kommenden Jahr nicht viel zugetraut. Die negative Stimmung hat dazu geführt, dass viele Anlageprofis den Sektor stark untergewichtet haben. Kommt der Sektor ins laufen, entsteht sehr zügig Performancedruck. Wir sehen aufgrund des Sentiment-Bildes bei den Autotiteln folglich eher Chancen als Risiken.
Umgekehrt messen wir bei der seit Monaten geliebten Pharmabranche eine stetige Underperformance. Entwarnung können wir hier leider nicht geben. Auch im Chemiesektor haben wir Sentiment-Werte erreicht, die eine Korrektur erwarten lassen.
Banken standen während der Krisenphase immer wieder im Fokus. Hier hat sich das negative Sentiment eher beruhigt. Der Rekordpessimismus im Jahr 2008/Anfang 2009 ist abgebaut. Aber von einer Euphorie sind wir meilenweit entfernt. Hier könnte der Trend durchaus noch anhalten.
Wie beurteilen Sie das Anlegervertrauen derzeit? Ist es durch die Finanzkrise nachhaltig gestört oder setzt sich wieder die Erkenntnis durch, dass die Aktie als Anlageobjekt derzeit fast konkurrenzlos angesichts historisch niedriger Zinsen ist?
Hussy: Die Anleger sind eher verschreckt. Insgesamt überwiegt das Sicherheitsstreben, auch wenn das Zinsniveau niedrig ist und damit die Opportunitäten fehlen. Die Anleger haben in jüngster Zeit mit den Jahren 2000 und 2007 zwei ausgeprägte Abwärtsphasen am Aktienmarkt erlebt. Diese Erkenntnis dürfte die nächsten Jahre das Anlageverhalten prägen. Folglich streben die meisten nach Anlagen mit höchster Liquidität und Verfügbarkeit. Zudem spielt die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes eine große Rolle. Eine Veränderung im Anlageverhalten ist demnach nicht zu erwarten. Eine anziehende Konjunktur und bessere Unternehmensgewinne werden vielleicht einige Anleger motivieren, aber sicher nicht die Masse. Dies muss aber für die aktuelle Börsenphase nicht das schlechteste Umfeld darstellen.
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