Zuckerpreise im Keller

Südzucker: Die süßen Zeiten sind vorbei

05.09.15 11:00 Uhr

Südzucker: Die süßen Zeiten sind vorbei | finanzen.net

Der Zuckerpreis ist stark eingebrochen, nach Rekordernten herrscht ein Überangebot. Der Wegfall der EU-Zuckermarktverordnung verschärft den Wettbewerb. Auf die deutschen Kartellsünder rollt außerdem noch eine Klagewelle zu.

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von Sonja Funke, Euro am Sonntag

Eiscreme, Schokolade und Gummibärchen sind ohne ihn undenkbar, er versteckt sich aber auch in Ketchup, Wurst und Tiefkühlpizza: Zucker ist buchstäblich in aller Munde. Doch obwohl die Lust auf Süßes rund um den Globus stetig wächst, sind die Zeiten für die drei großen deutschen Zuckerhersteller bitter: Nach Aufdeckung des sogenannten Zuckerkartells verdonnerten die Wettbewerbshüter die Unternehmen Südzucker, Nordzucker und Pfeifer & Langen zu einer Strafe von rund 280 Millionen Euro. Das ist eine der höchsten Bußgeldsummen, die das Bundeskartellamt je verhängt hat. Der Vorwurf: Mit dem Ziel, möglichst hohe Zuckerpreise zu erzielen, hätten die Unternehmen jahrelang Gebiets-, Quoten- und Preisabsprachen getroffen.

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Nun fordern immer mehr Kunden darüber hinaus auch noch Schadenersatz. Und das könnte für die Kartellsünder richtig teuer werden - über 100 Unternehmen beantragten bei den Wettbewerbshütern Akteneinsicht, sieben Unternehmen reichten bereits Klagen ein. Die bisher größte Einzelsumme von 119  Millionen Euro fordern die beiden Molkereien Ehrmann und Bauer sowie der Marmeladen- und Marzipanhersteller Zentis, die sich zur "Zuckergeschädigten Klage KG" zusammenschlossen.

Schadenersatz in Millionenhöhe

Der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé will 50 Millionen Euro Schadenersatz, der Printenproduzent Lambertz aus Aachen fordert 11,6 Millionen Euro, der Süßigkeitenhersteller Katjes verlangt 37,2 Millionen Euro und Vivil 1,3 Millionen Euro. Zusammen summiert sich dies bereits jetzt auf fast 220 Millionen Euro.

Das Vivil-Verfahren war das erste. Der Pfefferminzbonbonhersteller geht davon aus, dass Südzucker durch die Absprachen rund 15 Prozent zu viel kassiert hat. Die Zuckerhersteller weisen die Ansprüche der Süßwarenindustrie zurück: Die Einzelhändler hätten gar keinen Schaden genommen, da sie den zu hohen Zuckerpreis auf den Verkaufspreis aufgeschlagen und an die Kunden weitergegeben hätten. "Südzucker ist fest davon überzeugt, dass seinen Kunden durch die vom Bundeskartellamt angemahnte Vorgehensweise kein Schaden entstanden ist", sagt ein Sprecher des Unternehmens.

Vorgesorgt wird beim Zuckerproduzenten mit Sitz in Mannheim aber doch. Laut Geschäftsbericht für das Ende Mai beendete erste Quartal stellte Europas größter Zuckerhersteller 123,3 Millionen Euro für Prozesse und Risikovorsorge zurück. Auch Wettbewerber Nordzucker aus Braunschweig erkennt laut jüngstem Geschäftsbericht "keinen Schaden für die Abnehmer von Zucker".

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Davon gänzlich unbeeindruckt bereiten weitere Schwergewichte der Molkereibranche wie DMK, FrieslandCampina und Müllermilch eine Klage vor, die Medienberichten zufolge in den kommenden Wochen beim Landgericht Mannheim eingereicht werden soll. "Die Schadenersatzforderungen könnten die Größenordnung von 500 Millionen Euro erreichen. Nestlé allein fordert ja 50 Millionen Euro", sagt der Düsseldorfer Kartellrechtsexperte Johann Brück.

Überangebot und Preisrutsch

Doch die drohende Klagewelle ist nicht die einzige Herausforderung, die auf die im MDAX notierte Südzucker AG und ihre Wettbewerber zukommt. Nach Rekordernten sind die Lager rund um den Globus voll, der Preis für Zucker ist stark eingebrochen. Die Abwertung des brasilianischen Real zum US-Dollar führte dazu, dass Zucker aus Brasilien - der mit Abstand größte Zuckerexporteur - derzeit besonders günstig ist.

Die weltweite Produktion erreichte vor drei Jahren mit knapp 178 Millionen Tonnen Zucker ihren vorläufigen Höhepunkt. Die Produktionszuwächse sind vor allem dem Rohrzucker zuzuschreiben, dessen Erzeugung in den vergangenen 16 Jahren um knapp 60 Prozent gesteigert wurde. Das Niveau der Rübenzuckerproduktion blieb im selben Zeitraum nahezu unverändert.

Nur knapp elf Prozent des Weltzuckers wurden im vergangenen Jahr in Europa produziert, mehr als ein Drittel in Asien. In Deutschland schrumpfte die Anbaufläche im vergangenen Jahr sogar um etwa 14 Prozent. Haupterzeuger von Rübenzucker sind Frankreich, Deutschland, Teile der USA, Polen und Russland. Im laufenden Geschäftsjahr werden insgesamt voraussichtlich 173 Millionen Tonnen Zucker produziert - was dem erwarteten Verbrauch entspricht.

Zuckermarktverordnung endet 2017

Für die europäischen Wettbewerber verschärft sich die Konkurrenz nach dem Ende der EU-Zuckermarktverordnung, die am 30. September 2017 ausläuft, weiter. Dann öffnet sich die Branche dem Weltmarkt. Südzucker-Chef Wolfgang Heer, der eigentlich mal für eine Verlängerung des Regelwerks gekämpft hatte, schimpft inzwischen: "Wenn wir gewusst hätten, welche Auswirkungen die politischen Eingriffe haben, hätten wir eine kürzere Laufzeit begrüßt."
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Fehlgeleitete Mengenfreigaben der EU-Kommission, Rekordernten und die Lage auf dem Weltmarkt führten aus seiner Sicht zu Überversorgung und Preissturz. Nach einem kräftigen Gewinneinbruch im vergangenen Jahr wird für Südzucker auch das laufende Geschäftsjahr rückläufig sein, die Dividende wurde um die Hälfte auf 25 Cent gekürzt. Europas Zuckerprimus muss weiter die Zähne zusammenbeißen.

Investor-Info

Südzucker
Gewinn schrumpft

Die niedrigen Zuckerpreise plagen Europas größten Zuckerhersteller. Im ersten Quartal schrumpfte der Gewinn um mehr als die Hälfte. Neben den niedrigeren Erlösen schlugen auch Kosten für die vorübergehende Stilllegung einer Bioethanolfabrik in Großbritannien zu Buche. Auch die Aussichten für das Gesamtjahr sind trübe: Der Konzern rechnet mit Umsatz- und Gewinneinbußen. Anzeichen für eine Trendwende sind vorerst nicht in Sicht. Die Aktie weiter meiden.

Zuckerpreis
Überproduktion drückt Preis

Enorme Überkapazitäten und starker Wettbewerb setzen die Zuckerpreise am Weltmarkt weiter unter Druck. Der internationale Zuckerpreis sinkt seit seinem Höchststand bei knapp 600 Euro je Tonne im Januar 2011 kontinuierlich und ist inzwischen sogar wieder etwas niedriger als der Referenzpreis in der Europäischen Union (EU). Dort reguliert die Zuckermarktverordnung bis 2017 die Preise. Sie regelt unter anderem auch die von den Produzenten zu zahlenden Mindestpreise für den Einkauf von Rüben.

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Bildquellen: Südzucker, OZaiachin / Shutterstock.com

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19.03.2025Südzucker HoldWarburg Research
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18.04.2024Südzucker KaufenDZ BANK
22.02.2024Südzucker KaufenDZ BANK
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20.05.2025Südzucker HoldWarburg Research
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12.02.2025Südzucker HoldDeutsche Bank AG
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