Eigentum verpflichtet - gilt auch für Aktionäre

Im vergangenen Jahr mehrten sich die Interventionen von sogenannten "aktivistischen Investoren" auch bei deutschen Unternehmen. Das ist in vielen Fällen aber nicht zum Vorteil aller Anteilseigner.
Werte in diesem Artikel
von Stefan Bielmeier, Gastautor in €uro am Sonntag
Stada, Gea, Grammer - das sind deutsche Aktiengesellschaften, bei denen 2017 "aktivistische Investoren" für Schlagzeilen gesorgt haben: Investoren, zumeist Hedgefonds, kaufen sich mit Minderheitsbeteiligungen von einigen Prozent in Gesellschaften ein und wollen durch Änderungen im Management, im Geschäftsmodell oder in der Konzernstruktur den Wert der Aktien steigern.
Während in Deutschland davon bislang vor allem Mid Caps betroffen sind, geraten andernorts auch schon große Adressen wie Nestlé oder Credit Suisse ins Visier der Fonds. Weltweit, so die Beratungsgesellschaft Activist Investing in ihrem Jahresbericht, wurden 2016 155 Unternehmen angegriffen - 26 Prozent mehr als im Vorjahr. Investmentbanken berichten, dass 2017 auch in Deutschland eine starke Zunahme zu verzeichnen war und erwarten, dass dieser Trend noch zunehmen wird.
Unlautere Täuschungsmanöver zum Nachteil anderer Aktionäre Als Verfechter eines effizienten und transparenten Kapitalmarkts begrüßen wir zunächst, wenn institutionelle Investoren tatsächlich ihre Rolle als Aktionäre aktiv wahrnehmen. Denn oft ist das Auftreten aktivistischer Aktionäre ein Indikator, dass mit der Corporate Governance etwas nicht stimmt. Oder aber, dass Ertragspotenziale nicht optimal ausgeschöpft werden. Insofern gibt es durchaus Schnittmengen zwischen den sogenannten "Aktivisten" und "regulären" Vermögensverwaltern: Beide wollen den Wert der Unternehmen, in die sie investiert haben, steigern.
Aber: Die Grenze zwischen der Wahrnehmung berechtigter Interessen als Kapitalgeber und der Durchsetzung von schädlichen Partikularinteressen ist fließend. Nach Ansicht der DVFA sollte das Leitmotiv jedes Engagements das langfristige und nachhaltige Wohl des Unternehmens sein.
Nach dieser Maxime verbieten sich in einer ersten, praktischen Ebene schon einmal unlautere Methoden der Aktivisten. Das Aktienrecht regelt Veröffentlichungspflichten, wenn eine Beteiligung bestimmte Schwellenwerte überschreitet. Das ist ein gutes Instrument, mit dem der Gesetzgeber für Transparenz sorgen will. Leider gibt es Tricks, um solche Meldeschwellen zu vermeiden, und sich sozusagen an das Unternehmen "anzuschleichen". Oder, umgekehrt: Durch die Bildung von Zweckgemeinschaften ist es möglich, nach außen mehr Stimmkraft zu suggerieren, als tatsächlich beim einzelnen Investor vorhanden ist. Gegen solche Täuschungsmanöver sollte der Gesetzgeber sein Instrumentarium verschärfen.
Eine andere, aus unserer Sicht unlautere Methode, derer sich Aktivisten bedienen, ist die ungleichgewichtige Verbreitung von Informationen. Der Informationsstand sollte für alle Investoren zu jeder Zeit gleich sein. Wer bewusst seine Forderungen und Aktivitäten bevorzugt über nicht offizielle Kanäle spielt (etwa bestimmte Medien), erzeugt Informationsasymmetrie.
Ein weiteres Kriterium, das wir für die Beurteilung von aktivistischen Interventionen heranziehen, ist das Verhältnis zwischen öffentlichem Auftreten und tatsächlichem Einfluss. Wenn -wie zuletzt bei Credit Suisse gesehen - die Lautstärke, mit der Forderungen vorgetragen werden, in einem krassen Missverhältnis zur Anzahl der Aktien steht, ist das für uns ein Indikator, wie nachhaltig und ernsthaft die Absichten des aktivistischen Investors sind.
Wie verhält sich überhaupt die Mehrheit zu den Intentionen der Minderheit? In dieser Frage der Aktionärsdemokratie liegt unserer Ansicht nach - auf einer übergeordneten Ebene - der Schlüssel für die Abwehr von kurzfristig motivierten Störmanövern. Nur weil die Mehrheit der Aktionäre schweigt, erlangen die Aktivisten einen Einfluss, der weit über ihre Abstimmungsmacht hinausgeht. Das Aktienrecht bietet eine gute Handhabe zur Abwehr von Aktivisten, es wird aber nicht gelebt.
An den Tagesordnungspunkten in der Einladung zur Hauptversammlung sind zum Beispiel die Absichten der Aktivisten gut zu erkennen. Alle Aktionäre müssen prüfen und entscheiden, ob diese Forderungen im Sinne des langfristigen Unternehmenserfolgs sind. Wenn das nicht der Fall ist, müsste die Aktionärsmehrheit auf der Hauptversammlung eigentlich dagegen stimmen.
Doch hier kommt ein anderes Phänomen, das weiter zunimmt, zum Tragen: der Siegeszug des passiven Investments. Indexfonds haben einen immer höheren Anteil an den Unternehmen; die Fondsgesellschaft Blackrock ist bereits der gewichtigste Einzelinvestor im DAX. Passive Investoren beziehen in der Regel jedoch keine Position und üben ihr Stimmrecht nicht aus. Aber auch für sie gilt: Eigentum fordert Verantwortung.
Die Anleger, deren Investment die ETFs treuhänderisch verwalten, erwarten eine gute Kursperformance des Index. Ein nachhaltiges Geschäftsmodell jedes einzelnen Indexteilnehmers liegt also im Interesse des Treugebers. Im derzeitigen Geschäftsmodell der ETF- Anbieter erhält jedoch der Anleger keinen Einfluss darauf. Sein Treuhänder, der ETF-Anbieter, übt seine mit dem Erwerb der Aktien verbundenen Stimmrechte nicht aus. Und der Anleger selbst erwirbt durch den Fonds zwar mittelbar anteiligen Besitz, erhält aber nicht die entsprechenden Stimmrechte.
Eine Einmischung der ETFs in die Strategie der Indexunternehmen wird diskutiert, aber nicht gelebt. Damit haben wir ein Defizit an öffentlicher Meinungsbildung. Wenn die breite Masse keine Meinung hat, können sich Minderheiten durchsetzen und möglicherweise eine nachhaltige Kurs- und Dividendenentwicklung gefährden.
Indexfonds sollten endlich für Anlegerinteressen eintreten
Natürlich können die Interessen von Aktivisten und anderen Investoren deckungsgleich sein, und tatsächlich steigt zunächst oft der Kurs, wenn ein Aktivist einsteigt. Doch das wichtigste Kriterium für eine Kursentwicklung ist die Nachhaltigkeit. Hedgefonds sind jedoch nicht bekannt dafür, dass es ihnen vor allem um langfristige Perspektiven geht. Deshalb ist es so wichtig, dass deren Interessen hinterfragt und diskutiert werden und die Mehrheit der Eigentümer nicht schweigt.
Aktiv gemanagte Fonds stellen sich zunehmend ihrer treuhänderischen Verantwortung und beziehen Position. Auch Indexfonds sollten eine Möglichkeit finden, wie sie die Interessen ihrer Anleger wirkungsvoll vertreten - sei es durch eine Rückkoppelung mit den Anlegern, mit der sie um Weisung bitten, oder durch eine anteilige Zuweisung von Stimmrechten. Stimmenthaltungen jedoch können bei aggressiv vertretenen Partikularinteressen das Wohl eines Unternehmens gefährden.
Kurzvita
Stefan Bielmeier
Vorstandsvorsitzender DVFA
Bielmeier ist Vorstandsvorsitzender des DVFA e.V. und Chefvolkswirt sowie Bereichsleiter Research und Volkswirtschaft der DZ Bank. Der DVFA e.V. ist die Standesorganisation aller Investment Professionals in den deutschen Finanz- und Kapitalmärkten. Seine 1400 Mitglieder repräsentieren die Vielfalt des Investment- und Risikomanagements in Deutschland. Bielmeier engagiert sich für die Professionalisierung des Investment- Berufsstands.
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