Problem Dauerzinstief

Munich Re: Stürmische Zeiten für DAX-Liebling

21.04.15 16:00 Uhr

Munich Re: Stürmische Zeiten für DAX-Liebling | finanzen.net

Aktionärsfreundliche Politik macht den Rückversicherer Munich Re bei Anlegern beliebt. Sinkende Renditen und wachsende Konkurrenz trüben jedoch die Stimmung vor der Hauptversammlung.

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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Mit einem Plus von mehr als 40 Prozent seit dem Börsentief im Oktober zählen die Papiere des weltgrößten Rückversicherungskonzerns Munich Re zu den Favoriten der Anleger. Die Münchner haben ihre Dividende seit 1970 mindestens konstant gehalten, während der meisten Jahre sogar gesteigert. Auch für 2014 sollen Aktionäre, trotz fünf Prozent Gewinnrückgang, mehr Dividende erhalten. "Wir verdienen viel Geld und schütten das aus", warb Finanzvorstand Jörg Schneider im Vorfeld der Hauptversammlung um Vertrauen bei Anlegern.

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Dennoch sehen Aktionäre dem Treffen am kommenden Donnerstag mit gemischten Gefühlen entgegen. Zwar stimmt die Dividendenrendite mit knapp vier Prozent. Vorstandschef Nikolaus von Bomhard dürfte die Antwort auf die entscheidende Frage aber schwerfallen: Wo bleibt das Wachstum?

Zwar kann sich der Konzern dank Reserven von zehn Milliarden Euro auf absehbare Zeit aktionärsfreundliche Ausschüttungen leisten. Im Kerngeschäft Rückversicherung kommen die Margen jedoch zunehmend unter Druck. Zudem schrumpft der Gewinn. Nach dem leichten Rückgang im Vorjahr auf 3,2 Milliarden Euro werden für das laufende Jahr nur 2,5 bis drei Milliarden Euro in Aussicht gestellt - im schlimmsten Fall also ein Fünftel weniger ­Ergebnis.

Über Jahrzehnte wurden in der Rückversicherung bei wachsenden Umsätzen höhere Gewinne eingefahren. Mit ihren Policen stellen Rückversicherer sicher, dass Erstversicherer - wie etwa die Allianz - Risiken bei großen Schadensfällen, beispielsweise bei der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima im Jahr 2011, bewältigen können.

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Schrumpfende Nachfrage

Seit geraumer Zeit sinken jedoch die Preise für Rückversicherungen. Zum einen benötigen global aufgestellte Kunden wie die Allianz inzwischen weniger Schutz. Zum anderen bewegt sich die Gesamtsumme der globalen Schäden durch Naturkatastrophen seit drei Jahren auf einem ungewöhnlich niedrigen Niveau (siehe links). Geringere Nachfrage und weniger Großschäden drücken die Preise für die Policen.

Gewöhnlich können Versicherer bei Neuverträgen erst dann höhere Prämien durchsetzen, wenn Katastrophen große versicherungsrelevante Schäden anrichten. Kurzfristigen Belastungen, die Großschäden in den Bilanzen der Rückversicherer verursachen, steht somit langfristiges Wachstum gegenüber.

Die jüngsten Verwüstungen durch Wintersturm Niklas werden jedoch wohl nicht zu signifikant höheren Versicherungsprämien bei Neuverträgen führen. Kürzlich bezifferte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft GDV den versicherungsrelevanten Gesamtschaden auf 700 Millionen Euro. Im Vergleich zu den 2,4 Milliarden Euro durch Orkan Kyrill 2007 ist die Belastung damit um gut zwei Drittel niedriger.

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Auch in der Bilanz des Marktführers Munich Re dürfte die Spur von Sturm Niklas nicht deutlich zu sehen sein. Auf konkrete Nachfrage werde man die Belastungen auf der Hauptversammlung beziffern, sagte eine Konzernsprecherin.

Um die Anleger während des Umbruchs bei Laune zu halten, leistet sich Munich Re auch 2015 Aktienrückkäufe. Wie im Vorjahr sollen eigene Papiere im Wert von einer Milliarde Euro erworben werden. Positiver Effekt für Aktionäre: Wegen der geringeren Anzahl der Papiere steigt der Gewinn je Aktie. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis sinkt und bringt den optisch verbilligten Anteilscheinen Kursfantasie.

Zu den Fans von Munich Re gehört auch Warren Buffett. Amerikas legendärer Investor, über seinen ­Beteiligungskonzern Berkshire Hathaway selbst im Rückversicherungsgeschäft aktiv, ist der größte Einzelaktionär. Auch Buffett dürfte indes die durch Dividenden und ­Aktienrückkäufe verdeckte Wachstumsfalle nicht entgangen sein, in der die Bayern derzeit festsitzen.

Denn es gibt noch ein weiteres Problem: Um ausreichend Finanz­reserven aufzubauen, legen Versicherungskonzerne in der Regel einen wesentlichen Teil ihrer Prämien am Kapitalmarkt an. So haben die Münchner mit 227 Milliarden Euro ein stattliches Vermögen aufgebaut.

Die anfallenden Zinseinnahmen tragen zum Konzerngewinn bei. Doch auch dieser Motor läuft nicht rund. Die lockere Geldpolitik der Zentralbanken sorgt für ein Dauerzinstief an den Märkten und macht es auch großen institutionellen Anlegern wie Munich Re schwer, Geld zu verdienen. Wiederholt hat Konzernchef von Bomhard deshalb die Geldpolitik der EZB öffentlich kritisiert. Die Rendite des Versicherers bei neuen Investments werde 2015 um 0,2 auf drei Prozentpunkte sinken - und 2016 wohl die Dreiprozentmarke unterschreiten, warnt Finanzvorstand Schneider. 2011 waren es noch vier Prozent.

Das Dauerzinstief verändert auch das Kerngeschäft der Bayern. Weil die Renditen in der Rückversicherung höher liegen als bei Anleihen und ähnlichen Investments, bieten inzwischen auch Pensionskassen und Hedgefonds Policen an.

Eine Alternative zur klassischen Rückversicherung sind auch Kata­s­trophenanleihen (siehe Glossar). Die Cat Bonds bieten Schutz bei besonders schadens­trächtigen Ereignissen. Emittenten brachten es während der vergangenen zwölf Jahre auf jährliche Renditen von acht Prozent. Kein Wunder, dass in diesen und ähnlichen Papieren bereits gut ein Zehntel der jährlich 570 Milliarden Dollar Rückversicherungsprämien fließen. Der Druck der zusätzlichen Anbieter hat die Prämien für Versicherungsschutz von großen Schadensereignissen auf ein Zehnjahrestief gedrückt.

Die Münchner reagieren offensiv. Sie nutzen ihre Erfahrung im Umgang mit Risiken, um das Geschäft in lukrativen Nischen auszubauen -etwa bei Schäden durch Datenklau und -missbrauch im Web. Zudem bringt Munich Re auch selbst Cat Bonds und ähnliche Vehikel auf den Markt. Policen, die nicht ausreichende Renditen abwerfen, werden überdies nicht verlängert. Darüber hinaus nutzt der Konzern Kontakte zu Firmen außerhalb der Branche, um besondere Policen anzubieten, etwa zum Betrieb von Satelliten.

Keine Frage: Der Primus müht sich, Wege aus der Wachstumsfalle zu finden. Für richtig gute Stimmung auf der Hauptversammlung reicht das aber wohl nicht.

Investor-Info

Naturkatastrophen
Deutlich weniger Schäden

Laut Munich Re gingen die Schäden durch Natur­katastrophen auf globaler Ebene 2014 zum dritten Mal in Folge zurück. Von 110 Milliarden Dollar Gesamtschaden waren im vergangenen Jahr mit 31 Milliarden weniger als ein Drittel versichert. Sinkende Schäden mindern die Nachfrage nach Schutz.

Munich Re
Schon zu teuer

Zuverlässige Dividendenzahler wie Munich Re sind derzeit besonders gefragt. Das hat die Aktie, die inzwischen mit jeweils zweistelligen Kurs-Gewinn-Verhältnissen für 2015 und 2016 bewertet ist, deutlich verteuert. Für die nächsten zwei Jahre werden Gewinnrückgänge erwartet. Wegen Dividende halten.

Glossar:

Katastrophenanleihen

Die Emittenten von Katastrophenanleihen - im Fachjargon Cat Bonds - müssen nur bei außerordentlich hohen Schäden zahlen. Selbst als Hurrikan Sandy vor zwei Jahren in den USA Schäden von 70 Milliarden Dollar hinterließ, blieben die Emittenten verschont. Das macht die speziellen Policen zu einem lukrativen Geschäft. In zehn Jahren hat sich das Volumen auf 22 Milliarden Dollar verfünffacht.

Besicherte Rückversicherung

Im Gegensatz zu Katastrophenanleihen sind besicherte Rückversicherungen nicht frei handelbar, sondern Vereinbarungen zwischen Versicherungs­geber und -nehmer. Wegen des fehlenden Ratings durch Agenturen müssen die Anbieter gegenüber ihren Kunden ihre Bonität mit Sicherheiten belegen. Daher auch der Name der Versicherung.

Sidecars

Diese Form der Versicherungsfonds - frei übersetzt heißt Sidecar Beiwagen - sind seit den Schäden durch Hurrikan Katrina im Jahr 2005 üblich. Im Dezember brachte Munich Re mit Eden Re II in Bermuda einen 290-Millionen-Euro-Fonds auf den Weg.
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Bildquellen: Munich Re, StockThings / Shutterstock.com

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DatumRatingAnalyst
16.10.2025Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft OverweightJP Morgan Chase & Co.
13.10.2025Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Sector PerformRBC Capital Markets
08.10.2025Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft HoldJefferies & Company Inc.
29.09.2025Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft HoldJefferies & Company Inc.
24.09.2025Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft HoldJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
DatumRatingAnalyst
13.10.2025Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Sector PerformRBC Capital Markets
08.10.2025Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft HoldJefferies & Company Inc.
29.09.2025Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft HoldJefferies & Company Inc.
24.09.2025Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft HoldJoh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank)
16.09.2025Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Sector PerformRBC Capital Markets

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