Kreuz des Westens

Bayer: Warum die Aktie noch nicht ausgereizt ist

29.07.13 14:00 Uhr

150 Jahre Bayer AG sind ein veritables Spiegelbild deutscher Industriegeschichte. Für die Zukunft ist der Chemie- und Pharmakonzern gut gerüstet.

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von Stefan Riedel, Euro Magazin

Ein Meer aus den Firmenfarben Grün und Blau, Stars aus Show und Comedy sowie als ­Höhepunkt das aus 30 000 Personen gebildete größte lebende Bayer-Kreuz aller Zeiten. Als Kulisse für die große Freiluftparty zum 150-jährigen Firmenjubiläum bediente sich der Weltkonzern aus Leverkusen der BayArena, in der Bayer 04 Leverkusen seine Bundesliga-Heimspiele austrägt. Während aber die Kicker dem ganz großen Erfolg — also dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft — weiter hinterherjagen, steht der Bayer-Konzern in den eineinhalb Jahrhunderten seines Bestehens für eine ganz Reihe von bahnbrechenden Technologien und Produkten: synthetischer Kautschuk, Farbstoffe für Kunstfasern oder das erste Breitband-Antibiotikum, um nur einige zu nennen.

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Das Erfolgsrezept

Der Mix aus Spitzenforschung und internationaler Expansion bildete stets zwei Seiten derselben Medaille. Getreu dem Motto „Nur wer sich ändert, bleibt immer oben“ verstand es der Traditionskonzern, sich immer wieder an Veränderungsprozesse in seinem Marktumfeld anzupassen. Was im Jahr 1863 unter den Gründervätern Friedrich Bayer und Johann Friedrich Weskott im Wuppertaler Stadtteil Barmen als Hersteller von synthetischen Farbstoffen für die damals boomende Textilindustrie seinen Anfang nahm, ist heute ein global agierender Konzern mit rund 110 000 Mitarbeitern in drei Geschäftssparten.

Die Pharmasparte glänzt nach einem Durchhänger zur Jahrtausendwende mit neuen innovativen Medikamenten. Dasselbe gilt für die Pflanzenschutzsparte, in der Bayer das organische Wachstum durch gezielte Zukäufe gut ergänzt hat. Und einer der Schwerpunkte der chemischen Forschung im Geschäftsbereich Material Science sind Materialien, die eine höhere Energieeffizienz ermöglichen. Gewichtsreduzierende Kunststoffe in Fahrzeugen zählen ebenso dazu wie Schäume oder Lacke für die Isolierung und Fernwärme in Gebäuden.

Die Bayer AG von heute ist in der Organisationsstruktur schlanker und zentralisierter als der schwerfällige Traditionskonzern von früher. Eingeleitet wurde dieser Kulturwandel unter Werner Wenning im Jahr 2003. Zum Abschluss gebracht hat ihn der Niederländer Marijn Dekkers, der seit Anfang 2010 als erster ausländischer Konzernlenker an der Kommandobrücke steht. An der Börse kommt die neue Erfolgsstory an: Nach ­einer jahrelangen Seitwärtsbewegung startete die Aktie im vergangenen Jahr durch und legte um rund 50 Prozent zu. Dass Bayer im Vergleich zu den meisten Konkurrenten die Struktur eines Mischkonzerns beibehalten hat und sich nicht auf eine Branche ausrichtet, tut der Euphorie keinen Abbruch.

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Shootingstar

Den Grundstein für den Aufstieg zum Weltkonzern legte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft im Jahr 1883. Was folgte, war der Aufbau ­einer eigenen pharmazeutischen Abteilung. Das von Felix Hoffmann 1899 ­entwickelte Kopfschmerzmittel Aspirin setzte das erste Highlight — und avancierte 70 Jahre später zum ersten Medikament, das auf dem Mond eingenommen wurde. Die Entwicklung von Chemika­lien für die Filmentwicklung im Jahr 1904 bildete die nächste Schlüsseletappe. Zwei Jahre später begann Bayer mit den Forschungsarbeiten für die Kautschuksynthese. Im Jahr 1913, also un­mittelbar vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, stammten bereits 80 Prozent der Erlöse aus Exporten und jeder zehnte der 10 000 Mitarbeiter war bei einer der ausländischen Tochtergesellschaften beschäftigt. Den Hauptsitz hatte Bayer bereits nach Leverkusen verlagert.

Treibende Kraft war eine der damals schillerndsten Personen der deutschen Industrie: Carl Duisberg leitete den Konzern von 1912 bis 1925 und nahm entscheidende Weichenstellungen vor. Sein Credo: Nur durch eine Interessengemeinschaft könne die deutsche Chemie international top bleiben. Als Vorbild für einen deutschen Farben-Trust schwebte ihm das von Milliardär John D. Rocke­feller gegründete US-Konglomerat Standard Oil Company vor. Zu diesem Zweck hatte er bereits 1905 den Zusammenschluss von Bayer sowie den beiden Konkurrenten BASF und Agfa in eine Interessengemeinschaft betrieben.

Die Entwicklung nach Kriegsende, als die ga­loppierende Inflation die finanziellen Reserven aufzehrte, bestätigte ihn in seinem Handeln. Was folgte, war im Dezember 1925 die Eingliederung aller Chemiekonzerne in die IG Farben. Für den damals weltweit größten Chemiekonzern übertrugen die Bayer-Vorstände ihre Firmenvermögen als Ganzes an die BASF und erhielten dafür im Tausch BASF-Aktien im gleichen Wert.

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Die Farbe Braun

Zu den Schwerpunkten der Forschungsarbeiten zählte die Kautschuksynthese, etwa für den ersten Autoreifen aus synthetischem Kautschuk, der 1936 präsentiert wurde. Oder die Herstellung von synthetischem ­Benzin aus Kohle. Vor allem die Nazi-Machthaber fanden Gefallen an diesem Verfahren, weil es die Abhängigkeit von Erdölimporten verringern sollte — und subventionierten die kostspielige Entwicklung. Die tatkräftige Unterstützung durch das NS-Regime erleichterte den Aufstieg der IG Farben zum weltweit viertgrößten Industriekonzern — und der spielte während des Zweiten Weltkriegs eine unrühmliche Rolle.

Der steigende Bedarf an Rohstoffen wie synthetischem Kautschuk und Benzin sollte über eine eigene Fabrik in der Nähe des Vernichtungslagers Auschwitz gedeckt werden. Bis zu 25 000 Menschen ließen beim Bau der Anlage, die aufgrund des Kriegsverlaufs nie den Betrieb aufnahm, ihr Leben. Dazu vertrieb eine Tochterfirma der Degussa und IG Farben das für den Massenmord in den Gaskammern eingesetzte Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B. Nach Kriegsende, als die Hauptschuldigen mit mehreren Jahren Haft davonkamen, verwarfen die Alliierten ihren ursprünglichen Plan, die IG Farben in kleine Einheiten zu zerschlagen. Stattdessen gingen zwölf einzelne Unternehmen im Jahr 1952 als „Farbennachfolger“ hervor. Die IG Farben sollte über Jahrzehnte als Auffanggesellschaft für weitere Entschädigungsklagen weitergeführt und erst 2012 von der Börse genommen werden (siehe Übersicht in der €uro-Ausgabe August 2013 auf Seite 68).

Die Wiedergeburt

Ohne Auslandsvermögen und Patente stand Bayer im Verbund mit Agfa vor dem Neuanfang — und beschaffte sich mit der Wiedereinführung der Aktie am 2. Oktober 1953 zu ­einer Erstnotiz von 109 DM frisches Kapital. Finanziert wurden damit Innovationen wie neue Pflanzenschutzmittel, synthetische Fasern oder Kunststoffe aus den neu entdeckten Polycarbonaten. Medikamente wie Herz-Kreislauf-Mittel, Präparate zur Bekämpfung von Pilz­erkrankungen der Haut und Breitband-­Antibiotika wie das 1986 zugelassene ­Ciprobay trugen zum Wiederaufstieg des Pharmabereichs bei. Zeitgleich forcierte Bayer den Ausbau der Pflanzenschutzsparte mit Saatgut, Pflanzenschutz und Insektiziden.

Aber: Die Ölkrise der 70er-Jahre mit der Preisexplosion bei den Rohstoffen hatte die erste Zäsur in der Nachkriegszeit gebildet. Zur Jahrtausendwende wurde dann vollends klar: Der Traditionskonzern Bayer war dem internationalen Wettbewerb kaum noch gewachsen. Kritiker warfen Bayer vor, wichtige Trends einfach verschlafen zu haben. Was nicht ganz von der Hand zu weisen war: Gerade in der Pharmaforschung hatten die Konkurrenten aus den USA und Europa mit einer Produktoffensive in den 90er-Jahren Bayer weitgehend ­abgehängt.

Die Runderneuerung

Unrentable Geschäftseinheiten wurden abgestoßen. Agfa machte 1999 den Anfang. Danach wurden die ursprünglichen Sparten Pharma, Pflanzenschutz, Chemie und Kunststoffe als Teilkonzerne ausgegliedert und neu formiert. Einzelne Chemiesparten gingen ein in das Spin-off Lanxess mit eigenem Börsengang im Jahr 2005. Was damals wegen niedriger Margen und hochzyklischer Absatzmärkte noch als Bayers Resterampe belächelt wurde, hat sich längst zu einem hochprofitablen Unternehmen entwickelt. Krönung war die DAX-Aufnahme von Lanxess im September 2012.

Zugleich begab sich Bayer auf Einkaufstour. Die Akquisition der Pflanzenschutzsparte von Aventis ebnete den Weg an die weltweite ­Poleposition in diesem Sektor. Dank der Übernahme des deutschen Konkurrenten Schering wurde die schwächelnde Medikamentenentwicklung aufgepeppt. Zugleich straffte Bayer die eigene Forschung und forcierte die Koopera-­tion mit Biotechnologiefirmen. Mittlerweile sind aus diesen Allianzen etliche neue Produkte wie die Krebsmittel Nexavar oder das Augenheilmittel Eylea entstanden. Eigene Megaseller wie der ­Blut­­verdünner Xarelto komplettieren das Feld.

Auch wenn die Chemiesparte Mate­rialSciences gerade eine konjunkturelle Abschwungphase durchläuft, bleibt die Bayer-Aktie an der Börse angesagt. Zugegeben, mit dem Aufgalopp vom Vorjahr hat das Papier den früheren Bewertungsabschlag aufgeholt. Der Mix aus defen­sivem Charakter und guten Langfristper­s­pektiven im operativen Geschäft liefert aber eine gute Formel für weiterhin steigende Kurse.

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