Interview

Markus Koch: Anleger haben 2012 gute Karten am Aktienmarkt

28.12.11 14:12 Uhr

Der Wallstreet-Experte Markus Koch plädiert weiterhin für eine Politik des billigen Geldes. Nur so sei Wachstum zu generieren. Eine höhere Inflation müsse hierfür in Kauf genommen werden. An der Börse sieht er 2012 große Chancen.

Werte in diesem Artikel
Aktien

58,49 EUR 0,89 EUR 1,55%

158,28 EUR 4,24 EUR 2,75%

71,50 EUR 4,70 EUR 7,04%

440,65 EUR 1,80 EUR 0,41%

Rohstoffe

3.860,99 USD 2,48 USD 0,06%

Devisen

1,1742 USD 0,0005 USD 0,04%

Indizes

46.397,9 PKT 81,8 PKT 0,18%

24.680,0 PKT 68,6 PKT 0,28%

22.660,0 PKT 68,9 PKT 0,30%

17.907,7 PKT 4,3 PKT 0,02%

3.331,7 PKT 13,9 PKT 0,42%

6.688,5 PKT 27,3 PKT 0,41%

von Benjamin Summa

Die Notenbanken verfolgen noch immer die Politik des billigen Geldes. Vor zwei Jahren haben Sie dies im finanzen.net-Interview mit dem Hinweis darauf, dass sie eher Deflations- als Inflationsgefahren sehen, begrüßt. Wie lautet Ihre Einschätzung heute?

Wer­bung

Ich hatte nicht gerade unrecht mit meiner Einschätzung damals. Die EZB hätte eindeutig kommunizieren müssen, dass sie Lender of last Resort ist, also als Kreditgeber noch fungiert, wenn hierzu niemand anders mehr in der Lage ist. Im Gegensatz dazu hat die Federal Reserve (Fed) mit den Geldausweitungsprogrammen QE1 und Q2 besser reagiert. Das Traurige ist, dass Europa schlussendlich die richtige Politik verfolgen wird – aber nur, weil der Markt die Staaten hierzu zwingt. Die EZB muss im kommenden Jahr ganz klar das Signal setzen, verstärkt Staatsanleihen von Ländern zu kaufen, die illiquide sind. Nur zu sagen „die Peripheriestaaten müssen sich gesund schrumpfen und die Arbeit machen“ wird nicht funktionieren. Ansonsten wird die Stimmung an den Märkten nicht ruhiger werden. Ich bin davon überzeugt, dass momentan kein Weg an der Politik des billigen Geldes vorbeiführt.

Und Inflationsgefahren sehen Sie gar nicht? Laut einer Umfrage der Universität Steinbeis fürchten sich 70 Prozent der Deutschen vor einer Geldentwertung. Angesichts der Euro-Schuldenkrise wächst in Deutschland die Furcht vor einer massiven Geldentwertung. Zugleich steigt laut einer Studie die Verunsicherung darüber, wie das eigene Vermögen möglichst verlustfrei angelegt werden kann.

Da sprechen sie doch genau unser Problem an. Deutschland muss aufhören dogmatisch zu denken. Die Deutschen denken automatisch an die Weimarer Republik und die Hochinflationsphase. Die Situation von heute ist mit der von damals aber überhaupt nicht zu vergleichen. Wir haben heute eine Deflation in den europäischen Peripheriestaaten. In den EU-Kernstaaten Deutschland und Frankreich stellt Inflation aber noch keine große Gefahr dar. Inflation wird erst dann zu einer Gefahr, wenn das Geld, das gedruckt worden ist, wirklich in die Wirtschaft fließt. Aber die Banken schnüren derzeit den Gürtel enger, die Eigenkapitalquoten wurden hochgeschraubt, die Kreditvolumina wurden eher runtergefahren. Meiner Ansicht nach sind Deflation und Rezession aktuell die weitaus wahrscheinlicheren Szenarien.

Wer­bung

Aber wir müssen künftig auch mit höheren Inflationsraten leben, keine Frage. Nach der Wiedervereinigung haben wir in Deutschland auch eine höhere Inflation akzeptiert, um Wachstum zu generieren. Diese Einsicht brauchen wir heute wieder. Die Kernstaaten Deutschland und Frankreich müssen temporär eine höhere Inflation aushalten, dann können wir auch eine gewisse Deflation in der Peripherie Europas ausgleichen. So nähert sich die Wettbewerbsfähigkeit dieser Staaten wieder an. Ansonsten riskiert man in der Peripherie höhere Arbeitslosigkeit, eine tiefe Rezession und eine anti-europäische Haltung, die sicherlich nicht gesund ist für das „gemeinsame Haus Europa“.

Aber Sie können ja nicht wegdiskutieren, dass wir derzeit bei vielen Anlageklassen eine negative Realverzinsung haben. Nach Abzug der Inflation wird das Ersparte immer weniger. Die Sparer werden die Verlierer sein.

Die Krise erfordert ungewöhnliche Maßnahmen. Hierzu gehört auch, dass alle gemeinsam zur Überwindung der Krise zahlen müssen – leider auch der deutsche Sparer in Form von negativen Realzinsen. Sparer haben durchaus Alternativen: Aktien und Unternehmensanleihen.

Wer­bung

Wie können die Notenbanken aber dennoch den so genannten Exit schaffen? Eigentlich bräuchten sie eine starke weltweite wirtschaftliche Erholung, um die Zinsen irgendwann wieder anheben zu können. Aber die ist momentan nicht in Sicht.

Dieses Dilemma kann nur durch eine sehr lockere Geldpolitik aufgelöst werden. Zudem brauchen wir eine Abwertung des Euro, um Wachstum zu generieren. Dann hat die Peripherie Europas die Chance, sich gesünder zu sparen. Es geht ja nicht nur darum, die Eurokrise in den Griff zu bekommen, sondern auch darum, wieder Wachstum zu ermöglichen. Ein weiteres Stimuluspaket wäre aus deutscher Sicht sicherlich nicht das schlechteste. Erst wenn das geschafft ist, und es stellt sich Wachstum ein, können die Notenbanken die Zinsen anheben.

Die Politik hat zuletzt mutige Schritte durchgesetzt, um der Euro-Krise Herr zu werden: 50 Prozent Schuldenschnitt für Griechenland, eine Rekapitalisierung der Banken, Erhöhung des Euro-Rettungsschirms EFSF. Ist die Euro-Krise damit gelöst oder braucht es Ihrer Meinung nach weitreichendere Entscheidungen?

Teilweise waren es sehr halbherzige Entscheidungen von Seiten der Politik. Es gab zwei Modelle: Das französische wollte dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (EFSF) eine Banklizenz geben. Das deutsche sah vor, die eingesetzten Beträge zu hebeln. Aus Kapitalmarktsicht hätte man dem französischen Modell den Vorzug geben müssen, weil es glaubhafter gewesen wäre. Wenn der EFSF eine Banklizenz bekommen hätte, hätten die Marktteilnehmer gewusst, dass im Prinzip die EZB dahinter steht. Das wäre eine vertrauensbildende Maßnahme gewesen. Jetzt funktioniert es so als würde ich mir selbst eine Lebensversicherung verkaufen. Wenn Koch dann stirbt, muss Koch Koch auszahlen. Wie soll das denn funktionieren? Italien ist im EFSF drin. Das Land müsste nach heutiger Ausgestaltung des EFSF also selbst einzahlen, um sich zu retten.

Die Rettung durch die EZB wird meines Erachtens passieren, aber erst dann, wenn es nicht mehr anders geht. Das ist das europäische Problem: Die richtigen Entscheidungen werden immer erst dann durchgesetzt, wenn der Kontinent am Randes des Abgrundes steht. Das war bei der Griechenland-Rettung auch so.

Zudem haben Merkel und Sarkozy in der Krisen-Kommunikation einen entscheidenden Fehler begangen: Als Griechenland vor einigen Wochen ein Referendum angedroht hat, haben Merkel und Sarkozy etwas ausgesprochen, was sie niemals hätten aussprechen dürfen, nämlich, dass Griechenland sich entscheiden müsse, ob es den Euro haben wolle oder nicht. Bundesbankpräsident Schlesinger hat in den 90er Jahren mal in einem Nebensatz gesagt: „Es ist durchaus denkbar, dass Währungen innerhalb der EU abwerten können“. Dieser eine Satz hat zu einem spekulativen Run auf das britische Pfund geführt. Die Politik muss sich darüber im Klaren sein, dass die Marktteilnehmer jedes Wort auf die Waagschale legen. Merkel und Sarkozy hätten niemals öffentlich Überlegungen anstellen dürfen, dass ein Austritt Griechenlands aus dem Euro überhaupt denkbar ist. Hierdurch hat man nun den Spekulanten ein Argument mehr gegeben, gegen den Euro zu wetten.

Alle reden über die Schuldenkrise der Europäer. Welche Gefahr geht vom Verschuldungsproblem der Amerikaner aus? Diese haben bis heute 15 Billionen Dollar Miese angehäuft.

Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. 15 Billionen Dollar Schulden ist eine mächtige Zahl und entspricht der Größe der US-amerikanische Volkswirtschaft. Entscheidend ist aber weniger das Ausmaß der Verschuldung, sondern das Vertrauen der Märkte in die Fähigkeit eines Staates, die Schulden zurückzuzahlen. Durch den Dollar und die Größe dieser Nation, genießen die USA eine Sonderstellung. Die Konjunktur ist so groß wie Italien, Australien, Taiwan, Thailand, die Türkei, Nigeria, Saudi Arabien, die Niederlande, Chile und einundvierzig weitere Staaten zusammen.

Nach den Wahlen wird es Sparmaßnahmen geben. Aber momentan braucht Amerika erst einmal Wachstum. Die Fed wird weiterhin stimulieren. Barack Obama wird die kommende Wahl auch deshalb gewinnen, weil er mit Ben Bernanke den besten Wahlpromoter hat, den er sich vorstellen kann. Immer wenn die Konjunktur zu stark schwächelt, wird Bernanke aufs Gaspedal treten und das Wachstum am Laufen halten. Der Wall Street war von Anfang an klar, dass vor der Präsidentschaftswahl keine umfangreichen Sparmaßnahmen bekannt gegeben werden.

Zum Aktienmarkt: Raten Sie Anlegern dazu, Korrekturen wie die in den vergangenen Wochen zum Einstieg zu nutzen, wenn Sie dies bisher verpasst haben? Oder mahnen Sie zur Vorsicht?

Solange die Eurokrise noch schwelt, ist sicherlich ein gewisses Maß an Risiko vorhanden. Aber wenn man sich 2011 anschaut, dann muss man doch konstatieren, dass sich gerade die Wall Street gut gehalten hat. Die Angst, dass es in den USA zu einem Double-Dip (nach 2008/2009 ein nochmaliges Abgleiten in die Rezession) kommen könnte, nehmen zunehmend ab. Ich denke zudem, dass das Wachstum in den USA positiv überraschen wird.

Bei Aktien wie Merck, Johnson&Johnson, Cisco und Microsoft sehen wir teilweise sehr attraktive Bewertungsniveaus, ein KGV zwischen 7 und 10. Wir werden vielleicht kein Ertragswachstum haben, aber eben auch keine Ertragsrezession. Vor dem Hintergrund hoher Cashreserven und einem attraktiven Dividendenniveau glaube ich, dass die Anleger im kommenden Jahr gute Karte am Aktienmarkt haben werden.

Welche Branchen haben Sie momentan im Fokus und nach welcher Strategie investieren Sie persönlich?

Ich habe unter anderem Corporate Bonds in meinem Portfolio und ansonsten internationale Blue-Chip-Unternehmen, die wachstumsorientiert sind. Ich glaube persönlich, dass wir im kommenden Jahr ein gesundes Wachstum sehen werden.

Und mit welchem Investment haben Sie im vergangenen Jahr die höchste Rendite eingefahren?

Mit Corporate Bonds.

Können Sie die Protestanten in den USA verstehen, die zurzeit sehr hart mit dem kapitalistischen Finanzsystem ins Gericht gehen? Immerhin leben Sie ja auch von und in diesem System.

Ich kann die Forderungen der Protestanten sehr gut nachvollziehen. Amerika steht vor enormen Herausforderungen. In den USA haben wir seit den 70er Jahren kaum wachsende Reallöhne, aber deutlich steigende Bildungs- und Gesundheitskosten. Wenn Bildung immer teurer wird, dann verwährt man einem Großteil der Bevölkerung, in höhere Einkommensschichten aufzusteigen. Die amerikanische Mittelschicht ist in den vergangenen 20 Jahren erheblich ausgedünnt worden. Wir sehen zudem eine Kapitalverlagerung – nicht nur von arm zu reich, sondern auch von den Verbrauchern zu den Unternehmen. Unternehmen geben die Produktivitätssteigrungen also nicht mehr adäquat an die Mitarbeiter weiter. Das kann auf Dauer nicht gesund sein.

Sie haben vor einigen Monaten ein besonderes Börsenspiel für Trader ins Leben gerufen. Was haben Sie und Ihre Kandidaten dabei gelernt?

Für uns war es eine große Herausforderung, weil wir verschiedene mediale Kanäle auf einer Plattform miteinander vereint haben. Uns war wichtig, privaten Tradern ein Gesicht zu geben. Das ist uns sehr gut gelungen. Wir hatten eine sehr bunte Kandidatentruppe – drei professionelle Daytrader, eine Sterndeuterin und einen Neuling auf dem Gebiet. Und die Trader haben zu allererst gelernt, dass Daytrading ein ernstzunehmender Job ist mit dem man Geld verdienen kann, wenn man die notwendige Disziplin mitbringt.

In eigener Sache

Übrigens: Cisco und andere US-Aktien sind bei finanzen.net ZERO sogar bis 23 Uhr handelbar (ohne Ordergebühren, zzgl. Spreads). Jetzt kostenlos Depot eröffnen und Neukunden-Bonus sichern!

Ausgewählte Hebelprodukte auf Cisco

Mit Knock-outs können spekulative Anleger überproportional an Kursbewegungen partizipieren. Wählen Sie einfach den gewünschten Hebel und wir zeigen Ihnen passende Open-End Produkte auf Cisco

NameHebelKOEmittent
NameHebelKOEmittent
Wer­bung

Nachrichten zu Microsoft Corp.

Wer­bung

Analysen zu Microsoft Corp.

DatumRatingAnalyst
20.08.2025Microsoft BuyUBS AG
31.07.2025Microsoft BuyJefferies & Company Inc.
31.07.2025Microsoft BuyUBS AG
31.07.2025Microsoft KaufenDZ BANK
31.07.2025Microsoft OutperformRBC Capital Markets
DatumRatingAnalyst
20.08.2025Microsoft BuyUBS AG
31.07.2025Microsoft BuyJefferies & Company Inc.
31.07.2025Microsoft BuyUBS AG
31.07.2025Microsoft KaufenDZ BANK
31.07.2025Microsoft OutperformRBC Capital Markets
DatumRatingAnalyst
31.05.2023Microsoft NeutralUBS AG
27.04.2023Microsoft NeutralUBS AG
20.04.2023Microsoft NeutralUBS AG
17.03.2023Microsoft NeutralUBS AG
14.03.2023Microsoft NeutralUBS AG
DatumRatingAnalyst
03.07.2020Microsoft verkaufenCredit Suisse Group
19.11.2018Microsoft UnderperformJefferies & Company Inc.
26.09.2018Microsoft UnderperformJefferies & Company Inc.
14.06.2018Microsoft UnderperformJefferies & Company Inc.
13.06.2018Microsoft UnderperformJefferies & Company Inc.

Um die Übersicht zu verbessern, haben Sie die Möglichkeit, die Analysen für Microsoft Corp. nach folgenden Kriterien zu filtern.

Alle: Alle Empfehlungen

Buy: Kaufempfehlungen wie z.B. "kaufen" oder "buy"
Hold: Halten-Empfehlungen wie z.B. "halten" oder "neutral"
Sell: Verkaufsempfehlungn wie z.B. "verkaufen" oder "reduce"
mehr Analysen