Das läuft bei der Deutschen Bank falsch - Kann Cryan das Ruder herumreißen?

Die Aktie der Deutschen Bank befindet sich seit Jahren im Tiefflug und hat neue Allzeittiefs im Visier. Die Kursentwicklung ist auch die Folge von externen Einflüssen. Doch die Niedrigzinspolitik alleine verantwortlich zu machen, würde eine ganze Serie von Fehlentscheidungen kleinreden.
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Bei einem der systemrelevantesten Finanzhäuser der Welt, der Deutschen Bank, läuft es alles andere als rund. Kapitalerhöhungen, Managementfehler und nicht zuletzt die Niedrigzinspolitik der EZB haben der Bank stark zugesetzt und dafür gesorgt, dass der Aktienkurs des DAX-Konzerns tiefrote Spuren in den Depots der Anleger hinterlassen hat. Das Geldhaus kämpft also an zahlreichen Fronten - und hat seine Probleme noch immer nicht vollständig in den Griff bekommen.
Die offensichtliche Imageproblematik
Die Schweizer Medienforscher von "Media Tenor" haben in den letzten Jahren weltweit TV-Nachrichtensendungen im Hinblick darauf untersucht, wie mehrheitlich über welche Themen berichtet wird. Das Ergebnis der Studie: Wenn Banken in Fernsehnachrichten zum Thema werden, dann in den seltensten Fällen in einem positiven Zusammenhang. Die überspitzte Formulierung des Studienergebnisses: "Was haben die Terrororganisation Al-Qaida, die Mafia, Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un und die zehn Top-Großbanken weltweit gemeinsam? Ihr Image in der öffentlichen Wahrnehmung ist ähnlich mies."
Besonders schlecht in der Berichterstattung hierzulande kam der deutsche Branchenprimus Deutsche Bank weg. Das schlechte Ansehen der Bank in der Öffentlichkeit kommt aber nicht von ungefähr. Schließlich hat das Institut seinen Managern seit der Finanzkrise Boni in Höhe von insgesamt rund 24 Milliarden Euro gezahlt. Gleichzeitig wurden dem Institut nach zahlreichen Gerichtsprozessen rund 12 Milliarden Euro an Strafzahlungen aufgebrummt. Noch frisch im Gedächtnis ist den Anlegern der Rechtsstreit mit der US-Justiz, welcher erst Anfang 2017 beigelegt werden konnte. Für umstrittene Geschäfte mit Hypotheken-Wertpapieren zahlten die Frankfurter insgesamt 7,2 Milliarden Dollar.
Die Strafzahlungen schlugen sich allerdings kaum in den Gehältern der verantwortlichen Manager nieder, sondern gingen mehrheitlich auf Kosten der Aktionäre, die in den letzten 18 Jahren sieben Kapitalerhöhungen mittragen mussten und seit Jahren mit geringen Dividendenzahlungen abgespeist werden. Die Debatten um Strafzahlungen prägen das negative Image der Frankfurter Bankriesen daher stark. Viele Marktteilnehmer werfen der Bank vor, sich bewusst auf Risiken einzulassen, um Geschäfte abzuschließen.
Umdenken erfolgte viel zu spät
Als die US-Investmentbank Lehman Brothers 2008 Insolvenz anmeldete, war der mediale Aufschrei groß. Die Geschäftspraktiken der Investmentbanken gerieten ins Visier: Anleger, Politiker und Wirtschaftsgrößen forderten ein generelles Umdenken. Doch das fand bei der Deutschen Bank nicht statt. Stattdessen hielten die Frankfurter an ihren Geschäftspraktiken weitgehend fest. Das Ziel war klar: Die Deutschen wollten zur weltweit führenden Investmentbank aufsteigen.
Dabei hatte sich die Erkenntnis, dass Bankhäuser ihr Geschäftsmodell in die Zukunft transferieren müssen, andernorts inzwischen bis in die oberen Unternehmensetagen fortgesetzt. "Es ist frustrierend, dass sich in einer Reihe großer europäischer Banken, trotz aller Rhetorik, noch immer nicht klar genug die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass eine radikale Neuorientierung des Geschäftsmodells notwendig ist", sagte etwa der Blackrock-Vize Hildebrand.
Die Deutsche Bank reagierte schließlich auf die anhaltende Kritik von vielen Seiten - allerdings viel zu spät. Erst 2017 wurde eine Umstrukturierung und Vereinfachung des Geschäftsmodells angekündigt. Dafür sollen das Beratungs- und Finanzierungsgeschäft mit Unternehmen (Corporate Finance), das Kapitalmarktgeschäft (Global Markets) und die Geschäfte mit Transaktionsbanken in einem einzigen Unternehmensbereich gebündelt werden. Teil der Strategieänderung ist es außerdem, die Vermögensverwaltung teilweise an die Börse zu bringen, um die Kapitalausstattung zu verbessern. Das Investmentbanking soll allerdings weiterhin nicht schrumpfen.
Die Bank strebt nun eine harte Kernkapitalquote von deutlich über 13 Prozent an. Außerdem möchte die Bank 188 Filialen in diesem Jahr schließen. Erklärtes Ziel der "Strategie 2020" sei es, zu einer einfacheren, effizienteren Bank zu werden, welche risikoärmer wirtschafte und besser kapitalisiert sei. Fragwürdig bleibt, ob dies mit dem Festhalten am Investmentbanking-Segment in Einklang zu bringen ist.
Intransparenz und mangelnde Kapitalausstattung
Aufschluss über die Liquidität einer Bank erhält man normalerweise durch einen Blick in deren Bilanz. Doch bei der gibt es einige Stellschrauben. Gerade im Investmentbanking ist die Bewertung komplexer Assets keine eindeutige Wissenschaft, sondern bietet einigen Spielraum. Geschäftsrisiken werden dadurch möglicherweise nicht korrekt beurteilt und resultieren in hohen Abschreibungen in den Folgejahren. Diese lassen dann auch die Kapitaldecke schrumpfen. Bei der Deutschen Bank ist diese aber ohnehin bereits recht dünn.
Sogar der IWF drängte unlängst das Institut dazu, sein Geschäftsmodell zu überarbeiten, die Bilanzen zu entrümpeln, die Erblast der faulen Kredite zu tilgen und die Kapitalschwächen anzugehen. Denn eines der größten Probleme, mit denen die Deutsche Bank zu kämpfen hat, sind die Eigenkapitalvorgaben nach Basel III. Ob das Institut die strengen Vorgaben erfüllen kann, bleibt weiter ungewiss.
Auch eine weitere Sache nehmen viele Anleger dem Institut übel: Unlängst startete das Finanzhaus wieder einmal eine Kapitalerhöhung, um sich über die Börse acht Milliarden Euro an frischem Geld zu besorgen - und das, obwohl Bank-Chef John Cryan zuvor monatelang den Gerüchten um eine baldige Kapitalerhöhung widersprochen hatte. Auch hier fühlten sich viele Anleger verschaukelt.
Belastungen durch Krise der europäischen Bankenbranche und Niedrigzinspolitik
Doch die Probleme der Deutschen Bank sind nicht nur hausgemacht. Die Tatsache, dass sich alle europäischen Finanzhäuser im Vergleich mit der US-Konkurrenz schwer tun, lässt auf ein größeres Problem schließen. Der Sieger im globalen Wettbewerb ist jedenfalls eindeutig: Die amerikanische Bankenbranche erzielte im Jahr 2016 im Vergleich zur europäischen mit 116,3 Milliarden Euro fast fünf Mal so viel Gewinn. Europäische Banken arbeiten offenbar noch immer ihre Altlasten aus Zeiten der Finanzkrise ab und befinden sich noch in einer Umbruchphase ihrer Geschäftsmodelle.
Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) sieht die Probleme hierzulande jedoch auch bei den niedrigen Zinsen und der starken Regulierung, weshalb ein erfolgreiches Wirtschaften überhaupt nicht möglich sei. Im Zuge der Niedrigzinspolitik der EZB führten schon einige Bankhäuser, unter anderem die Sparkasse Köln-Bonn, Strafzinsen ein, um einen Teil der Belastungen auf die Kunden abzuwälzen. Kunden der Deutschen Bank können bisher noch beruhigt sein: Noch plant das Institut keine Strafzinsen. Ob das allerdings auf lange Sicht so bleiben kann, ist fraglich. Schließlich muss so weiterhin die Deutsche Bank allein die Hauptlast der EZB-Politik tragen, was ein erfolgreiches Wirtschaften nicht gerade erleichtert.
Jahrelange Zickzack-Strategie mit der Postbank
Das jahrelange Hin und Her um die Tochter Postbank hat ebenfalls nicht dazu beigetragen, das Vertrauen in die Deutsche Bank zu stärken. Nachdem die Suche nach einem Käufer, der zu einem akzeptablen Preis zugegriffen hätte, ohne Erfolg verlief, vollzieht das Institut plötzlich eine Kehrtwende und möchte die Postbank nun doch im Konzern belassen. Sie soll mit der eigenen Privatkundensparte verschmolzen werden, um die Marktführerschaft in Deutschland zu verteidigen.Börsenexperten zweifeln jedoch an dem Erfolg dieser Strategie. Sie bemängeln bereits seit Jahren, dass Postbank und Deutsche Bank einfach nicht zueinander passen und es wenig Synergieeffekte gäbe. Die Renditen im Privatkundengeschäft sind zudem grundsätzlich eher dünn und haben somit nicht das Potenzial, die Unternehmensbilanz aufzubessern. Außerdem hat der Rivale Commerzbank seinen Fokus schon längst auf das Privatkundengeschäft gelegt - die Deutsche Bank hat in diesem Bereich also starke Konkurrenz und müsste zunächst einmal zu dieser aufschließen.
Welche Schuld trifft Ackermann & Co.?
Viele Aktionäre verbinden die Deutsche Bank nach wie vor mit dem Gesicht von Josef Ackermann, welcher die Bank von 2002 bis 2012 leitete. Er trieb die Expansion der Bank voran und stellte die Höhe der Rendite in den Vordergrund. Noch Anfang 2007 liefern die Frankfurter Traumzahlen ab: Sechs Milliarden Euro Gewinn, welcher sich zu 70 Prozent aus dem Investmentbanking ergab. Kritiker geben Ackermann jedoch rückblickend zumindest eine Mitschuld für die heutige Lage der Großbank. Unter ihm sei eine Unternehmenskultur entstanden, welche die einseitige Betrachtung der Renditemaximierung entfachte, die sich jedoch nicht als zukunftsorientiert herausstellte. Dies zeige sich an den vielen Strafzahlungen der Bank. Ackermann verteidigte sein Vorgehen jedoch. Unter seiner Führung sei die Bank in die Spitzengruppe der globalen Investmentbanken vorgestoßen - ohne dabei während der Finanzkrise Staatshilfen zu benötigen.
Nach seinem Abgang im Jahr 2012 übernahmen Anju Jain und Jürgen Fitschen die Konzernspitze. Nach der Vorstellung der beiden Banker sollte die Deutsche Bank einen Kulturwandel vollziehen und gleichzeitig hohe Renditen erzielen. Dieser Plan ging jedoch nicht auf. Weitere Skandale prägten die öffentliche Wahrnehmung und rückten das Institut in ein noch schlechteres Licht.
Kann Cryan die Kehrtwende einleiten?
Für die Zukunftsaussichten der Deutschen Bank zeigen sich Analysten nicht gerade euphorisch - auch wenn mit John Cryan inzwischen ein komplett anderer Manager-Typ die Leitung des Instituts übernommen hat. Cryan sei ein Zahlenmensch, ihm fehle die Vision, bemängelt etwa Michael Hünseler von der luxemburgischen Anlageberatung Assenagon. Tatsächlich fand unter der Führung von Cryan bisher keine deutliche Verbesserung der Situation statt. Der neue Chef sieht sich allerdings nicht für Fehler verantwortlich, die seine Vorgänger gemacht haben. Er fordert Geduld bei der Umsetzung seiner Ideen und der Sanierung der Bank. Unlängst setzte er ein erstes Zeichen und verzichtete auf jegliche Bonuszahlungen. Zudem will er das Imageproblem des Finanzhauses angehen. Doch das Investmentbanking will auch Cryan nicht antasten. Mit einem Derivatevolumen von 46 Billionen Euro im Jahr 2016 bleibt es weiterhin eines der wichtigsten Geschäftsfelder des Branchenprimus.
Fehlende Transparenz, Imageprobleme und schlechte Rahmenbedingungen (Niedrigzins und Branchentrend) erleichtern den Job für Cryan nicht. Zu tief haben sich die Skandale der Vergangenheit ins öffentliche Gedächtnis eingebrannt. Die Chance besteht, dass das Postbankgeschäft, steigende Transparenz und Rückgewinnung des Vertrauens die Bank voranbringt. Dies bleibt allerdings eine Mammutaufgabe für Cryan.
Kevin Kremer // Redaktion finanzen.net
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