Die Solarbranche zittert: Nach Wechsel in Berlin droht die Senkung der Förderung
Für Q-Cells, Solarworld und Co brechen womöglich harte Zeiten an. Dabei klagt die Zunft jetzt schon über Dumpingpreise der chinesischen Rivalen.
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von Stephan Bauer, €uro am Sonntag
Die Gallionsfigur der Branche hält lieber mal den Ball flach. „Sowohl für die Union als auch für die FDP ist das Erneuerbare Energien Gesetz eine wichtige Konstante der Energiepolitik in Deutschland. So steht das auch in ihren Wahlprogrammen“, sagt Frank Asbeck mit beschwörendem Unterton in Richtung Berlin. Es schwingt jedoch eine gewisse Unsicherheit in den Worten des Chefs der Bonner Solarworld mit. Schließlich ist Politik nicht Fußball – und nach der Wahl oft etwas anderes als vor der Wahl.

Die Solarzunft rätselt in diesen Tagen: ob die Farben der künftigen Regierungskoalition womöglich symbolischen Charakter haben? Unter der alten und neuen Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem Vize Guido Westerwelle schwankt die Stimmung in der Branche zwischen zappendusterem Schwarz und vorsichtigem Sonnengelb.
Wann, wie viel und wo genau – das alles steht nicht fest. Doch sicher ist, dass die erfolgreichste Sparte der regenerativen Energien in Deutschland unter der künftigen Regierung härteren Zeiten entgegensieht. Noch verteilt der Staat großzügig Subventionen an die Besitzer der vielen blau glitzernden Minikraftwerke auf Deutschlands Dächern. Wer etwa in diesem Jahr Solarbetreiber wurde, bekommt auf Grundlage des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) für die kommenden 20 Jahre einen Abnahmepreis von bis zu 43 Cent pro Kilowattstunde garantiert. Der durchschnittliche Marktpreis liegt deutlich tiefer.
Häuslebauer und andere Investoren konnten damit bislang leicht eine Verzinsung auf ihr Kapital von fünf Prozent und mehr erreichen. Entsprechend beliebt ist das Solarinvestment. In diesem Jahr werden mit geschätzten zwei bis 2,2 Gigawatt rund 40 Prozent mehr an Stromerzeugungskapazität installiert als im Vorjahr. Das entspricht in etwa der Leistung zweier Atomkraftwerke.
Schwarz-Gelb wird die bisherige Förderungspraxis wohl genau unter die Lupe nehmen. Die Liberalen machen bereits Dampf: „Wir haben die Pflicht die Verbraucher zu entlasten. Das steht bei uns ganz oben auf der Tagesordnung“, sagt Gudrun Kopp, energiepolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. Zwar sinkt die Förderung jetzt schon Jahr für Jahr. Wer etwa 2009 installiert hat, bekommt noch deutlich mehr Zuschuss als bei einer Inbetriebnahme 2010 – man spricht von der sogenannten Degression. Doch dabei wird es kaum bleiben. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass Schwarz-Gelb die Förderung für die Solarenergie über die vorgesehene Degression hinaus senken wird“, sagt etwa Pascal Göttmann, Experte für Solarenergie der Münchner Privatbank Merck Finck.
Göttmann zufolge könnte dies bereits im kommenden Jahr der Fall sein. Andere Experten gehen davon aus, dass die Änderungen erst Ende 2010 oder Anfang 2011 in Kraft treten werden. „Per Januar 2011 wird sicher etwas geschehen“, sagt Stephan Wulf, Experte bei Sal. Oppenheim.
Der politische Farbenwechsel muss dabei für die Solarbranche jedoch nicht direkt ins Finstere führen. Zuerst könnte es womöglich zu einer Welle von Neuinstallationen kommen, so das Kalkül von Experten. „Ich rechne mit massiven Vorzieheffekten im Vorfeld einer Kürzung der Förderung. Der Markt könnte deshalb 2010 noch einmal um 40 bis 50 Prozent zulegen“, sagt Commerzbank-Analyst Robert Schramm.
Langfristig entscheidend aber wird sein, wie tief die Einschnitte nach der Sonderkonjunktur ausfallen. Das versorgernahe Wirtschaftsforschungsinstitut RWI etwa forderte wiederholt eine Kappung der Zulage um 30 Prozent. Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen verlangte jüngst eine Beschneidung um knapp ein Drittel. Die Begründung: Die Kosten der Zulage für den umweltfreundlichen Strom explodierten. Und die Zeche zahlen schließlich die deutschen Energieverbraucher – allein im vergangenen Jahr waren das 2,2 Milliarden Euro. Zudem steige das Aufkommen für die Förderung von Solar deutlich schneller als ihr Anteil an der Stromerzeugung. Kurz: Es werde zu viel zu teurer Solarstrom produziert.
Zieht man den massiven Preisverfall der Solarmodule noch ins Kalkül, so erscheint die Schieflage noch deutlicher. In den vergangenen zwölf Monaten ist der Preis für ein Watt Solarkapazität von rund drei auf etwas über zwei Euro gefallen. Wer sich jetzt eine Solaranlage mit zehn Kilowatt aufs Dach stellt, zahlt fast 10 000 Euro weniger. Projektierer von Anlagen wie etwa die bayerische Payom freuen sich über eine immens gestiegene Nachfrage. Der übermäßige Boom jedoch lässt Fachleute grübeln. „Die Erzeugung von Überrenditen ist nicht im Sinn des Gesetzes“, sagt Analyst Wulf.
Das EEG war schließlich ursprünglich als Anschubhilfe für die Solarbranche konzipiert, es sollte jedoch zugleich deren Wettbewerbsfähigkeit fördern – so kam es zum Einbau der Degression. Letztlich weiß auch die Branche, dass sie fit werden muss. Eine einmalige Senkung der Subventionen von sechs bis acht Prozent über die vorgesehene Degression hinaus könne die Zunft wohl verkraften, ließ der gewichtige Branchenpromi Asbeck bereits wissen.
Doch die Schnitte werden schmerzen. Denn schon jetzt ächzen viele deutsche Solarfabrikanten unter dem großen Preisdruck der chinesischen Konkurrenz. Diese überschwemme den Markt mit billigen Modulen und kassiere große Anteile der hiesigen Subventionen, maulen viele Manager. „Wir konkurrieren mit Herstellern, die kaum Umweltstandards einhalten müssen und versteckte Subventionen erhalten“, beklagte sich jüngst etwa Anton Milner, Chef des Bitterfelder Modulproduzenten Q-Cells. Und Solarworld-Chef Asbeck forderte, die Förderung des EEG an Umwelt- und Sozialstandards zu koppeln. „Es kann nicht sein, dass wir in Deutschland soziale Standards bei der Produktion und riesige Recyclingketten für Solarmodule haben, während sich die Chinesen um all das einen feuchten Kehricht scheren“, wettert der Unternehmer.
Für Shi Zhengrong, Chef der chinesischen Suntech, ist das jedoch alles „Müll“. Man produziere weder umweltschädlich noch, so ein weiterer Vorwurf, bekomme man besonders günstige Kredite, hält der Boss des seit Kurzem zweitgrößten Solarunternehmens der Welt dagegen. Schließlich seien Chinas Umweltgesetze gerade verschärft worden. „Wer dagegen verstößt, muss schließen“, wetterte Zhengrong. Und was Solarworld könne, könne man auch – „nur besser“.
Fakt ist: China spielt im weltweiten Solargeschäft mit hoher Aggressivität. Und mit deutlich steigendem Marktanteil: Ein gutes Drittel der weltweiten Produktion an Solarzellen wird inzwischen im Reich der Mitte gefertigt. Binnen zwei Jahren haben die Chinesen damit ihren Weltmarktanteil verdoppelt. Auf dem Heimatmarkt allerdings wird nur ein winziger Teil verkauft. Das Gros der blitzeblauen Module landet per Schiff in den Umschlaghäfen Europas.
Ob in China nun Dumping betrieben oder die Umwelt belastet wird – die Antwort hierauf fällt auch Fachleuten schwer. Eines jedoch gilt als gewiss: Die Chinesen verstehen ihr Geschäft. Der Produktionskostenvorteil etwa von Suntech liegt gegenüber vielen deutschen Produzenten laut der Einschätzung von Goldman Sachs derzeit bei über 30 Prozent. Allzu lange, so der Vorwurf ihrer Kritiker, habe sich die hiesige Branche in der Sonne hoher Subventionen geaalt.
Beispiel Q-Cells: Die Absatzpreise für das Hauptprodukt, die Solarzellen, fallen. Zugleich verkalkulierte man sich beim Einkauf des eigenen Rohmaterials, den sogenannten Wafern. Der ehemalige ostdeutsche Vorzeigebetrieb kaufte zu teuer ein und schrieb im ersten Halbjahr einen gigantischen Verlust. Jetzt verlagert Q-Cells einen Teil der Kapazitäten ins lohngünstige Malaysia. In Deutschland streichen die Bitterfelder rund 500 Stellen.
Für Solarworld hingegen dürfte die Sonne weiterhin scheinen. Schließlich erzielen die Bonner auch im laufenden Jahr laut Analystenschätzungen rund die Hälfte ihres Umsatzes im sogenannten Up-stream-Geschäft, der Herstellung von Wafern aus Silizium. Die technologischen Hürden und das notwendige Know-how für die Fertigung des Vorprodukts der Solarzellen sind hoch. Entsprechend schwer hat es die Konkurrenz aus Asien. Das hält die Margen bislang aufrecht.
So kann es Frank Asbeck sich leisten, am Standort Deutschland festzuhalten. Unlängst kündigte der Firmenchef an, die Kapazitäten in Sachsen zu verdreifachen. Dass Arbeitsplätze auch politisches Gewicht haben, weiß der Unternehmer dabei sehr wohl. „Gerade die FDP weiß, wie wichtig die Hochtechnologiebranche Fotovoltaik für den deutschen Mittelstand ist“, sagt Asbeck hintersinnig. Die neue Regierung in Berlin, so sein Kalkül, muss den Ball schließlich auch flachhalten.
Investoren-Informationen:
Solarworld
Solide Wette auf Sonne
Die breite Aufstellung von der Silizium- bis hin zur Modulproduktion macht das Unternehmen weniger abhängig von einzelnen Segmenten. Die Hälfte des Umsatzes entfällt Analysten zufolge auf den Upstream-Bereich mit Silizium und Wafern, hier liegen die Gewinnmargen deutlich über 20 Prozent. Das Unternehmen ist gut im künftigen Wachstumsmarkt USA positioniert. Das Papier ist moderat bewertet. Im dritten Quartal könnten die Gewinnmargen zwar sinken. Dennoch eine Langfristanlage.
Payom Solar
Auf den Boom setzen
Niedrige Preise für Solarmodule, eine noch hohe Einspeisevergütung sowie niedrige Zinsen – die Nachfrage nach Anlagen vor allem bei Privaten ist hoch. Die fränkische Payom, ein kleiner Projektierer, könnte auch von einem Boom vor einer Senkung der Förderung profitieren. Nach schwachem Jahresauftakt hat das Unternehmen im September bereits das Jahresziel für den Umsatz von 41 Millionen Euro erreicht. Die Aktie ist noch recht günstig bewertet. Risikobereite Anleger steigen ein.
SMA Solar
Starke Marktstellung
Das Unternehmen ist Weltmarktführer bei den sogenannten Wechselrichtern, Bauelementen, die für die Einspeisung des Solarstroms in die Stromnetze notwendig sind. Die SMA-Geräte gelten als diejenigen mit dem höchsten Wirkungsgrad. Das Wachstum beeindruckt: Für 2010 werden 30 Prozent beim Umsatz auf 870 Millionen Euro und ebenso viel beim Vorsteuergewinn geschätzt. Daran gemessen, ist die Aktie immer noch günstig.
Sonnenzertifikate
Von China bis Norwegen
Eine attraktive Möglichkeit für Anleger mit gemäßigtem Risiko etwa auf chinesische Solarunternehmen zu setzen, ist ein Zertifikat auf den S-Box China Solar der Deutschen Bank (ISIN: DE 000 A0Q ZE5 0). Schwergewichte im zugrunde liegenden Index sind Unternehmen wie Suntech Power oder der integrierte Solarkonzern Yingli. Ein breites, international orientiertes Papier ist das Zertifikat auf den sogenannten Solex der Société Générale (ISIN: DE 000 SG0 SUN 4). Das Schwergewicht im Aktienkorb der Franzosen ist die amerikanische First Solar, daneben Größen wie Solarworld oder der norwegische Hersteller von Materialien für die Solarindustrie, Renewable Energy Corp (REC). Um REC gab es zuletzt Übernahmespekulationen. Es hieß, der US-Halbleiterausrüster Applied Materials habe Interesse, was von REC aber dementiert wurde.
Der Artikel entstammt der aktuellen Ausgabe der Wirtschaftszeitung €uro am Sonntag, die aufgrund des Feiertags diesmal am Freitag, 2. Oktober, erscheint.
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Bildquellen: Solarworld
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