Fondsschließungen

Das große Fondssterben

20.10.09 10:20 Uhr

Viele Fondsanbieter nutzen die Wirtschaftskrise zum Großreinemachen und schränken ihre Produktpalette ein. Was Anleger bei Fondsschließungen beachten müssen.

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von Oliver Ristau, €uro am Sonntag

Große Streichkonzerte sind in Deutschlands Fondshäusern für die eigene Produktpalette angestimmt worden. Hintergrund ist die lahmende Nachfrage bei Investmentfonds. Denn im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise haben sich viele Anleger von den Fondsanteilen in ihren Depots getrennt, für die die Fondsmanager teilweise kaum noch neue Interessenten finden.

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Die Folge: Die Volumina vieler Fonds sinken, insbesondere wenn die Wertentwicklung mit dem Markt nicht Schritt halten kann. Viele Fondshäuser reagieren darauf mit Fondsschließungen oder der Verschmelzung einzelner Fonds. Nach Auskunft des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI) wurden von Januar bis August 264 Publikumsfonds vor Ende der regulären Laufzeit aufgelöst. Damit kommt das Rekordniveau des Vorjahres in Sicht, als die Branche 386 Fonds aus dem Verkehr zog – so viele wie nie zuvor. Und auch bei den Neuemissionen herrscht nicht gerade Hochbetrieb.

Wurden im Vorjahr noch 852 Fonds neu aufgelegt, waren es bis Ende August 2009 gerade einmal 313. Selbst bei einer Jahresendrally dürfte 2009 so mau ausfallen wie zuletzt 2004. Damals hatte die Börse zwei extrem magere Jahre hinter sich, die die Fondsbranche für eine umfangreiche Aufräumaktion nutzte. Es zeigt sich, dass Fondshäuser und -investoren der Börsenkonjunktur ziemlich genau folgen.

600 Millionen Euro zogen die Anleger von Januar bis August 2009 nach der BVI-Statistik per saldo aus heimischen Publikumsfonds ab. Ohne Offene Immobilienfonds stieg das Minus bei den reinen Wertpapierfonds sogar auf 3,6 Milliarden Euro. Im Vorjahr waren den Wertpapierpublikumsfonds im selben Zeitraum noch 17,6 Milliarden Euro zugeflossen. Besonders deutlich in der Anlegergunst gesunken sind die Geldmarktfonds. So zogen Anleger aus diesen Produkten im laufenden Jahr laut BVI rund 20 Milliarden Euro ab. „Im vergangenen Jahr waren Geldmarktfonds für Anleger eine Art Parkplatz, um das Kapital sicher unterzubringen“, sagt Rüdiger Sälzle, Vorstand des Analysehauses Fondsconsult Research. „Doch das Gros der Investoren hat mit dem Börsenanstieg den Fonds wieder den Rücken gekehrt, weil die Renditen am Geldmarkt zu gering waren.“

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Der gewachsene Risikoappetit sorgte für Umschichtungen zum Beispiel in Aktienfonds. Natalia Wolfstetter, Analystin bei Morningstar, sieht noch andere Gründe: „Im Zuge der Kreditkrise zeigte sich, dass Anbieter die Portfolios mit risikoreichen Papieren aufgepeppt hatten, um mit den Festgeldkonten der Direktbanken mithalten zu können. Nach Ausbruch der Finanzkrise saßen Anleger mit den vermeintlich langweiligen Geldmarktfonds auf einmal auf Verlusten.“

Auch Rentenfonds zählten in den ersten acht Monaten mit einem Mittelabfluss von netto 1,5 Milliarden Euro zu den großen Verlierern. Der Grund war auch hier ein relativ niedriger Ertrag bei Staatsbonds kombiniert mit einem je nach Länderrisiko überproportionalen Verlustszenario. Daneben zählen relativ kleine vermögensverwaltende Fonds und Nischenprodukte zu den Ladenhütern.

Letzteres trifft auch die großen Häuser. „Es gab eine Zeit, in der Spezialthemen wie zum Beispiel Länderfonds auf hohe Beliebtheit trafen“, sagt Claus Gruber, Sprecher der Deutsche-Bank-Tochter DWS, eines der deutschlandweit größten Fondsanbieters. Doch das sei vorbei. Auf der aktuellen DWS-Streichliste steht zum Beispiel der DWS-Iberia-Fonds. Ein anderes Beispiel ist der DWS CO2-Opportunities-Fund, der in Emissionsrechte investierte und zuletzt nur noch über ein Vermögen von 2,5 Mio. Euro verfügte.

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Von bisher 500 Fonds will DWS bis Mitte nächsten Jahres 100 vom Markt nehmen, die Hälfte über Fusionen, die andere Hälfte wird liquidiert. „Die Krise ist ein guter Zeitpunkt, die gesamte Produktpalette auf den Prüfstand zu stellen“, sagt Gruber. Künftig sollen nur noch 200 „Kernprodukte“ breit über die DWS vertrieben werden. Entsprechend geringer fällt das Angebot je Anlageklasse aus. Die Fonds erhalten außerdem teils neue Namen, die klarer auf Inhalt und Anlageziel verweisen sollen. Neben den 200 Kernfonds will DWS weiterhin Garantiefonds und exklusive Produkte für externe Partner (sogenannte White-Label-Fonds) anbieten.

Dass die Banken den Wildwuchs im Fondsgeschäft nicht schon vor Ausbruch der Krise bekämpften, liegt daran, dass der Vertrieb in den guten Zeiten vor allem auf Neuprodukte setzte, anstatt bestehende Fonds zu optimieren und die Produktpalette klarer zu gestalten. „Wenn es brummt, kommt keiner auf diese Idee“, sagt Gruber.

Auch bei Deutschlands zweitem großem Fondsanbieter, der Allianz Global Investors (AGI), war nach der Übernahme der Commerzbank-Tochter Cominvest zu Beginn des Jahres erst einmal Großreinemachen angesagt. Die Produktpalette wird im Lauf des Jahres um 109 Fonds reduziert. Dabei werden nicht nur Doppelungen bereinigt, sondern auch ökonomisch unattraktive Produkte. So wird fast jeder fünfte Fonds auf der Streichliste liquidiert.

Das sind vor allem wenig kapitalisierte Fonds, deren durchschnittliches Volumen nach Auskunft der AGI gerade einmal bei 14 Millionen Euro liegt. Ihr Gesamtvolumen beträgt 205 Millionen Euro. Deutlich größer sind die Fonds, die die AGI zusammenlegt. Die insgesamt 53 neuen Fonds repräsentieren ein Gesamtvermögen von rund 830 Millionen Euro.

Ruhiger geht es bei Union Investment zu. Dass die gemeinsame Fondstochter der Volks- und Raiffeisenbanken im Jahresverlauf erst drei Fonds aus dem Programm nehmen musste, liegt laut Sprecherin Sandra Lorke an „unserer schlanken Produktpalette“.

Im vergangenen Jahr wurden zehn Fonds geschlossen, im laufenden werden es in Summe nicht mehr sein, versichert sie. Dem stehen 16 Neuprodukte, davon 13 Garantiefonds, gegenüber. „Die Anleger suchen nach Sicherheit und Verständlichkeit“, erklärt sie. Auch mit zwei klar strukturierten Rentenlaufzeitfonds, die vor allem auf Unternehmensanleihen fokussiert sind, will Union Investment diesem Bedürfnis begegnen.

Ungeachtet der Mittelabflüsse über alle Rentenfonds gehören Corporate-Bond-Fonds aktuell zu den Modethemen der Fondshäuser. „Die Zahl dieser Fonds ist seit Beginn des Jahres um 20 Prozent gestiegen“, sagt Fondsanalyst Sälzle. Das sei ein historischer Rekord. Hintergrund ist der Aufstieg der Unternehmensanleihen zur gefeierten Assetklasse seit Anfang des Jahres. Ein weiterer Bereich mit hoher Nachfrage seien die Emerging Markets, auch wenn es in diesem Segment bereits ein breites Angebot gebe. „Themen, die laufen, werden immer wieder gespielt.“

Der Fondsconsult-Vorstand widerspricht indes der Ansicht, dass die Fondspalette aufgrund der Neustrukturierungen überschaubarer werde. „Das Gegenteil ist der Fall. Die Produkte werden teils komplexer“, sagt er mit Verweis auf neuartige und komplizierte Hedgefondsprodukte. Noch zu Beginn des Jahres waren solche Produkte nicht gern gesehen. Union Investment zum Beispiel liquidiert seinen einzigen entsprechenden Fonds. „Die Anleger hatten nach Ausbruch der Finanzkrise in Hedgefonds kein Vertrauen mehr.“ Das hat sich zuletzt geändert, und deshalb beobachten auch die Sparkassen- und Volksbankenfondsmanager wieder „den Markt sehr genau“.

Morningstar-Analystin Wolfstetter fordert die Anbieter auf, im Zuge der Anpassungen der Produktpalette für mehr Transparenz und Verständlichkeit zu sorgen. „Der Wunsch, erfolgreiche Anlagestrategien großer Investoren für Privatanleger zu kopieren, führt oft in die Sackgasse. Sie scheitern vielfach an zu hohen Kosten, einem zu kurzen Anlagehorizont oder werden falsch eingesetzt. Was wiederum am hohen Erklärungsbedarf solcher Produkte liegen kann.“ Wolfstetter nennt Absolute-Return-Fonds und komplexe Zertifikate als Beispiel, „deren Funktionsweise sich selbst Finanzberatern nicht mehr erschließt“.

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Fondswachstum: Abhängig vom Börsenumfeld

Es ist seit Jahrzehnten das gleiche Spiel. Steigt der DAX, läuft die Produktion von Fonds auf Hochtouren. Grund: Der Vertrieb fragt nach neuen Produkten, die Kundschaft wiederum ist in guten Zeiten zu Investment-Experimenten bereit. Gibt es dagegen eine Korrektur an den Börsen, werden mehr Portfolios mit geringen Volumina geschlossen oder fusioniert. Kleine Fonds leiden besonders unter Mittelabflüssen sowie einer negativen Wertentwicklung der darin befindlichen Papiere und werden unrentabel. Insgesamt wächst der Fondsmarkt aber kräftig. So stieg die Zahl der in Deutschland zugelassenen Portfolios in den vergangenen drei Jahren von 4154 auf 6385. Allein die Zahl der Mischfonds hat sich in diesem Zeitraum auf 1422 beinahe verdreifacht.

Fondsfusionen: Keine Strafsteuer

Für das Gros der Anleger wirkt sich der Erneuerungsschub der Fondsbranche in den Depots nicht aus. Der überwiegende Teil der existierenden Fonds wird nicht angetastet oder erhält maximal einen neuen Namen, an den sich der Anleger gewöhnen muss. Bei den Fonds, die die Gesellschaften auf den Prüfstand gestellt haben, werden die meisten mit anderen verschmolzen. Der Anleger ist dann an dem neuen Fonds beteiligt. Im Zuge der Fusion dürfen sich Anlagegrundsätze und Vertragsbedingungen nicht wesentlich ändern. Der Fonds muss außerdem von der gleichen Kapitalanlagegesellschaft verwaltet werden und die Verschmelzung mindestens drei Monate zuvor angekündigt werden. Es lohnt ein Blick auf die Internetseiten der Fondsanbieter, um als Anleger bei „seinem“ Fonds auf dem Laufenden zu bleiben. Ganz wichtig: Die Fusionen sind steuerneutral, weil sie nicht als Verkauf gelten. Der Fiskus kann keine Abgeltungsteuer geltend machen.

Fondsschließungen: Auf das Volumen achten

Wird der Fonds liquidiert, erhält der Anleger beim üblichen Verfahren seinen Anteil am Restwert der vom Fonds gehaltenen Vermögensgegenstände ausgezahlt. Doch das hat auch steuerliche Konsequenzen, da dies als Veräußerung gilt und der Steuer unterliegt, wenn der Anschaffungszeitpunkt weniger als ein Jahr zurückliegt. Die Auflösung muss im Jahres- oder Halbjahresbericht und im Bundesanzeiger sechs Monate zuvor angezeigt werden. Fondsconsult-Vorstand Sälzle empfiehlt Anlegern, die einer Zwangsliquidierung zuvorkommen wollen, auf die Volumenentwicklung ihres Fonds zu achten. Reduziert es sich kontinuierlich, droht die Schließung. Bei großen Fonds sollte das Anlagevolumen mindestens 20 Millionen Euro betragen. Bei kleineren seien zehn Millionen Euro „die absolute Untergrenze“. Der Fonds sollte zudem den eigenen Zielsetzungen für die Wertentwicklung entsprechen. Niedrige Volumina und schlechte Wertentwicklung sollten als Anlass genommen werden, sich frühzeitig von dem Fonds zu trennen. Bei der Investition in neue Fonds wiederum führen die Anleger laut Morningstar- Analystin Wolf stetter dann allerdings besser, „wenn sie nur das kaufen, was sie einigermaßen nachvollziehen können.“

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