Novo Nordisk-Aktie: Management steht nach Wegovy-Panne in der Kritik
• Insider kritisieren Managementfehler bei Wegovy
• Reuters-Bericht: Novo Nordisk soll Wegovy-Nachfrage drastisch unterschätzt haben
• Wegovy-Marktstart unter Beschuss
Topmanager des dänischen Arzneimittelherstellers hätten interne Warnungen, wonach das Unternehmen nicht ausreichend auf die Markteinführung seines Abnehmmedikaments Wegovy vorbereitet sei, ignoriert, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters und beruft sich dabei auf Gespräche mit sechs ehemaligen Mitarbeitern des Unternehmens.
Druck durch Vorpreschen von Eli Lilly
Man habe sich dadurch angreifbar gemacht, als Marktkonkurrent Eli Lilly in den Markt eingetreten sei, heißt es bei Reuters weiter. In hitzigen internen Diskussionen hätten Vertriebs- und Marketingleiter bei dem damaligen US-Chef Doug Langa, der auf einer Markteinführung kurz nach der US-Zulassung von Wegovy bestanden hatte, darauf gedrängt, zunächst mehr Vorräte und Krankenversicherungsschutz zu sichern. Ohne einen soliden Versicherungsschutz könnten sich viele Patienten die monatlichen Kosten von Wegovy von bis zu 1.300 Dollar nicht leisten, hatten die Manager den ehemaligen Mitarbeitern zufolge argumentiert. Lilly habe frühestens in zwei Jahren mit einem Markteintritt gerechnet, und Novo Nordisk hätte besser vorbereitet sein können, werden die Ex-Angestellten von Reuters weiter zitiert.
Nachfrage unterschätzt?
Offenbar war man bei Novo Nordisk von der großen Nachfrage nach Wegovy überrascht: Langa habe lange an den Prognosen der Unternehmenszentrale in Kopenhagen, die bis 2025 von deutlich moderateren Umsätzen ausgegangen waren, festgehalten. Die Nachfrage habe sich aber als bespiellos erwiesen, die Einschätzung von Novo Nordisk sei viel zu konservativ ausgefallen, so die Insider weiter.
Lieferengpässe als Folge falscher Kalkulation?
Die möglicherweise verfrühte Markteinführung habe zu Lieferengpässen bei Novo Nordisk geführt, Patienten hätten Schwierigkeiten gehabt, die nächste Dosis zu erhalten und ihre Behandlung zu starten. Zudem hätten die hohen Selbstbeteiligungskosten viele Menschen dazu veranlasst, auf dem Compounding-Markt nach günstigeren Kopien zu suchen. Auch ein Analyst bestätigt dieses Narrativ: "Novo hat den Markt, den sie aufgebaut haben, nicht verstanden und war in ihrem Ansatz sehr unflexibel", zitiert Reuters Evan Seigerman, Analyst bei BMO Capital Markets.
Folgen schlagen sich im Aktienkurs nieder
Die Folgen dieser möglichen Fehlprognosen zur Wegovy-Nachfrage dürften einer der Gründe für die schwache Kursentwicklung der Novo Nordisk-Aktie sein. Im bisherigen Jahresverlauf verlor der Anteilsschein bereits 28,91 Prozent an Wert, blickt man auf die vergangenen zwölf Monate, beläuft sich das Minus sogar auf 54,25 Prozent.
Am Donnerstag ging es an der Börse in Dänemark für die Novo Nordisk-Aktie letztlich um 0,83 Prozent auf 437,85 DKK nach unten.
Redaktion finanzen.net
Bildquelle: JHVEPhoto / Shutterstock.com, Novo Nordisk